1855 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Kiesel, Karl
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Das römisch-deutsche Reich im Zeitalter der Kreuzzüge. 317
er im Jahre 1125 zu Utrecht gestorben war, ward ihm sofort die kirch-
liche Bestattung zu Speier zu Theil, die er seinem im Bann gestorbenen
Vater erst im Jahre 1111.mit Erlaubniß des Papstes hatte verschaffen
können. Das Wormser Concordat erhielt seine Bestätigung auf dem
im Jahre 1123 von Calirtus in den lateranischen Palast berufenen
neunten ökumenischen Concil. Hier wurde auch eine Streitsache zweier
italischen Staaten, Pisa und Genua, entschieden. Pisa hatte, mit Amalfi
wetteifernd, im Laufe des vorigen Jahrhunderts einen großen Theil des
morgenländischen oder levantischen Handels an sich gebracht und war
mehr und mehr an die Stelle des unter der normannischen Herr-
schaft an Bedeutung gesunkenen Amalfi getreten. Im Aufschwünge be-
griffen hatte es den Saracenen im Jahre 1022 Sardinien entrissen und
streckte seine Hand auch nach Corsika aus. Hier begegueten seine Be-
mühungen denen von Genua und während eine pisanische und eine
genuesische Partei auf der Insel sich befehdeten, erhob sich eine dritte,
welche den Papst, auf dessen Betrieb die Befreiung der Insel von den
Saracenen erfolgt war, als Oberherrn anerkannt wissen wollte. Dem-
gemäß hatte schon Gregor Vii. Markgrafen von Corsika ernannt. Doch
in der Folge hatte Urban Ii. es vorgezogen, die Insel den Pisanern
zu Lehen zu geben. Der fortdauernde Streit wurde in Folge eines
immer übermüthigeren Auftretens von Pisa durch das Concil zu Gun-
sten Genuas entschieden, der Kampf der beiden Staaten jedoch, da
Pisa sich nicht fügte, nicht beendigt, sondern den Genuesen nur ein recht-
licher Anhalt für ihr Bemühen um Corsika gegeben.
2. Als Kaiser Heinrich V. ohne Erben gestorben war, zeigte die
bisherige Parteiung in Deutschland sich bei der Wahl des neuen Königs.
Das Geschlecht, das die Salier am meisten gehoben hatten, das hohen-
staufische, hatte durch die Verwandtschaft mit denselben und durch die
Tüchtigkeit seiner Mitglieder Aussicht und Anspruch auf die Krone. Doch
die Abneigung, welche den letzten Saliern entgegengestanden hatte, war
auch gegen seine Glieder thätig. Bei einer Zusammenkunft, welche die
deutschen Herzoge bei Mainz, nicht, wie nach Heinrichs Ii. Tode, mit
Schaaren ihrer Völker, sondern mit Gefolgschaften ihrer Lehensträger
veranstalteten, wurde mittelst einer durch Feinde der Salier betriebenen
regellosen Wahl das Haupt ihrer Partei, Herzog Lothar, erhoben. Daß
er der Kirche gegenüber eine andere Stellung, als sein Vorgänger ein-
nehmen wolle, zeigte der neue König schon am Tage der Wahl dadurch,
daß er sich von den Prälaten nicht, wie von den weltlichen Fürsten,
den Eid des Lehendienstes, sondern nur den Eid der Treue leisten ließ,
auch die im Wormser Concordat festgesetzte Wahlfreiheit durch Verzich-
tung auf seine Gegenwart bei den Wahlen befestigte. Innerhalb Deutsch-
lands hatte Lothar zunächst die Aufgabe, sich den Hohenstaufen gegenüber