1855 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Kiesel, Karl
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Das römisch-deutsche Reich im Zeitalter der Kreuzzüge. 323
der Schwebe gebliebenen Fragen, die sich ans die Stellung des Königs
und des Kaisers bezogen, zur Entscheidung zu bringen. Vor seiner
Seele stand als Ziel die Verwirklichung der Idee, nach welcher Karl
der Große das Kaiserthum bekleidet, und die Uebung der Machtfülle,
die diesem beigewohnt hatte. Dazu aber mußte er die Kräfte Deutsch-
lands, mit welchen seine Pläne zu verwirklichen waren, sich zu völliger
Fügsamkeit unterzuordnen suchen, und da seine Begabung dieser Aufgabe
entsprach, erscheint in ihm, wie in Otto I. und Heinrich Hi., das Ueber-
gewicht der einheitlichen Reichsgewalt über die besonderen Bestrebungen
in den Gliedern des Reichskörpers. Doch konnte dieses Uebergewichl
nicht für die Dauer erhalten werden, da der Uebergang herzoglicher und
gräflicher Amtsgewalt in eine landesherrliche Gewalt schon viel zu ent-
schieden vorbereitet war. Was aber Friedrich nicht einmal verzögern
konnte, war die Ausbildung der aus den Stadtgemeinden des obern
Italiens hervorgehenden Republiken, die sich nur noch im losesten Ver-
bände mit dem Reiche erhalten ließen. Außerdem mißlang ihm ein
Kampf, der sich mit dem Kampfe gegen die Republiken Oberitaliens
verschmolz, ein neuer Kampf gegen die Kirche, ebenfalls hervorgegangen
aus dem Bestreben, das kaiserliche Ansehn zur höchsten Höhe empor-
zuheben, einem Bestreben, das in Friedrichs Weise dem Papstthnm
gegenüber durchgeführt, das Oberhaupt der Kirche in eine ähnliche
Stellung gebracht haben würde, wie die des Patriarchen zu Constan-
tinopel war. Italien, wo nach Friedrichs Auffassung der Kaiserwürde ein
kräftiges Eingreifen allenthalben nöthig schien, ward der Hauptschauplatz
seiner Wirksamkeit. Im Norden dieses Landes verflüchtigte sich das kaiser-
liche Ansehen zu einem Schatten, und die Stadt Lodi klagte über Be-
drückung von Seiten Mailands, im Süden schien die Gründung des neuen
Königreiches dem Reiche Abbruch zu thun, in Rom drohten die repu-
blikanischen Bestrebungen eine Ablösung vom Reiche, Unzufriedene im
normannischen Reiche verlangten Hülfe gegen ihren König, und der
Papst, dessen weltliche Herrschaft fast vernichtet war, hatte unter den
beiden vorigen Königen dem Reiche gegenüber mehr gewonnen, als das
Wormser Concordat eingeräumt. Ein Erbfolgestreit in Dänemark
ward zu Merseburg entschieden, ohne daß der Vollzug folgte. Die
Sache der Welfen war, obgleich Heinrich dem Löwen Baiern wieder
zugesprochen worden, wegen des Widerstandes des bisherigen Inhabers
noch nicht erledigt. Dennoch eilte Friedrich nach Italien, nachdem er
durch einen Vertrag zu Constanz sich gegen Eugenins zu Vertheidigung
der Rechte und Güter der römischen Kirche verbunden und sich die
Kaiscrkrönung nebst Unterstützung gegen die Feinde des Reiches ausbe-
dungen hatte. Vom Lechfelde brach im Jahre 1154 der Zug auf und
auf der Ebene von Roncaglia hielt Friedrich Heerschau und Gericht und
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