1855 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Kiesel, Karl
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
nach dem Ende der Kreuzzüge.
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Tochter des Herzogs Ludwig von Savoyen, des Nachfolgers Ama-
deus' Viii., vermählte, wurde er von dem Vater im Jahre 1456 be-
kriegt und mußte sich zu dem Herzoge von Burgund flüchten, unter dessen
Schutze er seitdem meist zu Gemappe bei Brüssel lebte. Während in
Burgund das anderwärts im Erlöschen begriffene Nitterthum den größten
Glanz entfaltete, konnte sich die bloß auf das Zweckmäßige gerichtete
Sinnesart des Gastes nur befestigen, mittelst deren sich das unter seinem
Vater durch die Ereignisse eingeleitete Verhältniß der königlichen Macht
planmäßig ausbildete. Sah er an dem Hofe seines Beschützers, der
größtenteils in Arras war, verschwenderische Pracht, so lernte er desto
mehr das Geld als Mittel zur Erreichung von Herrscherzwecken schätzen;
sah er den Rittersiun in weitaussehenden Entwürfen schwelgen, so richtete
er desto mehr sein Augenmerk auf den nächst liegenden Vortheil. Im
Gegensätze zu einem Hofe, wo Nittersitte in prunkendem Leben und in
Beobachtung ausgehöhlter Formen des Umgangs geübt wurde, bildete
sich in Ludwig ein König aus, der, einfach und geräuschlos lebend, seine
Ueberlegungen in tiefes Geheimuiß hüllte und mit einer auf durch-
greifendes Mißtrauen und rücksichtslose Selbstsucht gebauten Staats-
kunst, wie sie sich am vollständigsten bei den italienischen Tyrannen ent-
wickelt hatte, unbelauscht den Vortheil erspähte, um ihn im rechten
Augenblicke, gleichviel mit welchen Mitteln, zu erhaschen. Trieb ihn so
der Anblick des burgundischen Lebens immer mehr in die entgegenge-
setzte Richtung, so folgte er in anderer Hinsicht einem traurigen Vor-
bilde, das er in der Nähe hatte. Der Herzog lebte in beständigem
Zwist mit seinem Sohne Karl und dies Beispiel wirkte so wenig ab-
schreckend auf Ludwig, daß er seinen Vater aus dem Leben scheiden ließ,
ohne einen Versuch der Versöhnung gemacht zu haben.
16. Ludwigs Xi. Negierung (1461 — 1485) begann mit Absetzung
der Näthe seines Vaters. Er hegte gegen sie den Verdacht, daß sie
ihm entgegengewirkt hätten, und wollte Diener, die, von ihm aus der
Twfe emporgehoben, ihm Alles verdankten und in seiner Hand gefügige
Werkzeuge wären. Da er den Plan hatte, das begonnene Sinken des
Adels zu beschleunigen, mußte seine Thätigkeit zunächst gegen die Her-
zoge von Burgund und Bretagne gerichtet sein, an denen die alte Ord-
nung der Dinge ihre Stütze hatte. Als er die Städte an der Somme
gegen den Willen Karls, der dadurch mit seinem Vater noch mehr ver-
feindet wurde, dem Vertrage von Arras gemäß wieder an sich gebracht,
forderte er den Herzog Franz Ii. von Bretagne auf, seiner selbststän-
digen Stellung zu entsagen. Eine Folge hiervon war eine Verbindung
desselben mit einer Anzahl von Großen des Reiches, der auch des
Königs Bruder, der Herzog von Berry, und Karl von Burgund, damals
Graf von Charolais genannt, beitraten. Ludwig suchte sich auf die