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1. Viertehalb Jahrhunderte - S. 582

1856 - Freiburg im Breisgau : Herder
582 Kaiser Karl V. und die Kirchentrennung in Deutschland. Handeln, den nur die Kirche geben konnte. Man verkannte dabei, daß 'die Kirche als solche sich selbst nie mit gegenwärtigen Zuständen zufrie- den gezeigt, vielmehr sich immer ihrem Wesen gemäß in einem Ringen nach Erhebung befunden hatte, daß es ihr nie an Männern gefehlt hatte, die mit heiligem Sinne ihre Verhältnisse prüften, mit scharfem Blicke ihre Gebrechen erkannten, mit freimüthiger Rede die Beförderer der Ent- artung straften, daß also in der Kirche selbst die Mittel der Reformation gesucht werden mußten. Da man aber den Beispielen reformatorischer Bestrebungen, welche man innerhalb der Kirche hätte finden können, nicht folgte, sondern einen der ersten Schritte mit Aufkündigung des kirchlichen Gehorsams that, machte man für sich jene wahre Reformation, welche ein beständiges Geschäft der Kirche ist, die Gestaltung des Le- bens ihrer Glieder nach der von ihr bewahrten göttlichen Lehre, unmög- lich. Die Leiter der neuen Bewegung konnten auch nicht im Ernste meinen, daß ihr Beginnen in der unwürdigen Vertretung, die die Kirche an dem in Laster versunkenen Alexander, an dem in Kriegsgerüusch be- fangenen Julius, an dem in die neuheidnische, mediceische Bildung ver- lorenen Leo hatte, eine Rechtfertigung finde. Sie waren aber, wie sie im Fortgange der Bewegung über ihr eigenes ursprüngliches Ziel hinaus- gerissen wurden, genöthigt, die Bundesgenossenschaft von Bestrebungen zu suchen oder anzuerkennen, die ganz Anderes, als das Vedürfniß einer sittlichen Erneuerung zur Quelle hatten. 4. Der Anfang der Bewegung reicht bis in die Zeit Maximilians zurück. Den Anlaß gab, wie zu der hussischen Bewegung, eine von dem Papste angeordnete Ablaßverkündigung. Wie damals Beiträge zur Be- kämpfung des Königs Ladislaus, so waren es diesmal Beiträge zu dem beabsichtigten prachtvollen Neubau der Peterskirche zu Nom, an welche Leo die Gewinnung des Ablasses knüpfte. Mochte nun schon der Zweck, für welchen der Ablaß als Mittel dienen sollte, Unzufriedenheit erregen, so war auch durch frühere Schritte der Reichöfürsten, welche diese Auf- bringung von Geldern für einen außerhalb des Reiches liegenden Zweck mißbilligten, eine Abneigung gegen das Verfahren geweckt, und diese Abneigung mehrte sich durch die Art, wie der Dominikaner Tetzel im Namen des vom Papste beauftragten Erzbischofs Albrecht von Mainz die Angelegenheit betrieb. Betheiligung an dem hierdurch erregten Un- willen gab einem Lehrer der Theologie, den der Kurfürst Friedrich von Sachsen an der im Jahre 1502 von ihm gestifteten Universität Witten- berg angestellt hatte, den Anlaß, die Entwicklung einer bei ihm schon früher entstandenen, von der Kirchenlehre abweichenden Ansicht zu be- schleunigen, und die Gelegenheit, dieselbe bei dem Zusammenhänge, den ihr Gegenstand mit dem Ablasse hatte, unter den Schutz der in Betreff des Ablasses schon aufgeregten öffentlichen Meinung zu stellen. Martin
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