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1. Viertehalb Jahrhunderte - S. 587

1856 - Freiburg im Breisgau : Herder
Kaiser Karl V. und die Kirchentrennung in Deutschland. 587 gleich die eifrigsten Bestreiter der von ihnen verlassenen Ordnung wur- den. Es war auch der Fall außerhalb des Klerus Lei Allen, die der Kirche oder kirchlichen Personen gegenüber in einer unbequemen Stellung sich befanden. Hatten früher Unordnungen in der kirchlichen Verwaltung den Landesherren und den städtischen Obrigkeiten schon An- laß zum Eingreifen in kirchliche Angelegenheiten gegeben, so bot sich jetzt bei dem Niederreißen der Kirchenverfassung Gelegenheit zu Erwei- terung der Befugnisse und zur Vermehrung der Einkünfte. Diese Aus- sichten waren um so sicherer, als die Bewegung sehr bald den Charakter eines Vertilgungskrieges gegen die Kirche annahm und bei dem Mangel eines Widerstandes von Seiten der Neichsgewalt immer kühner und rücksichtsloser vorgeschritten werden konnte. Während nun durch man- nigfaltige Umstände eine Menge von Menschen in die Bewegung ohne redliche und unbefangene Erwägung des Zieles hineingerissen wurden, gebrach es der Kirche an Mitteln, derselben zu wehren. Ein Verder- den, das den römischen Stuhl umgab und selbst auf ihm Platz gefunden hatte, war auch an einem großen Theile der Bischöfe nicht vorüber- gegangen. Die in Deutschland vorhandene Verflechtung der weltlichen und kirchlichen Negierung machte die Bischofstühle zu einem Gegenstände des Bemühens für die Söhne fürstlicher Häuser, und es brachte nicht allein manches Fürstenhaus eine Anzahl von Bischofstühlen in seinen Besitz, sondern es wurde nicht selten den kirchlichen Grundsätzen ganz zuwider eine und dieselbe Person mit mehreren Bisthümern ausgestattet, wie der Erzbischof Albrecht von Mainz, Enkel des Kurfürsten Albrecht Achilles und Bruder des in Brandenburg regierenden Kurfürsten Joachim, zugleich Erzbischof von Magdeburg und Bischof von Halberstadt war. Dadurch waren viele Bischofstühle mit Männern besetzt, die keine prie- sterliche Erziehung genossen hatten, kein priesterliches Leben führten und keine priesterliche Wirksamkeit entfalten konnten. Ebenso ließ es ein Theil der übrigen Geistlichkeit an Wort und Beispiel fehlen, und daher gebrach es zur Zeit der Gefahr oft auch, wenn der Wille vorhanden war, an dem Ansehn, welches Kraft zum Widerstande hätte geben sollen. Es war natürlich, daß bei solchen Mängeln das Volk nicht hinreichend in seiner Religion unterrichtet war, um zu sehen, daß es sich um etwas Anderes, als die Abstellung von Mißbräuchen handle. Viele wußten nicht, was man ihnen nahm, der Veränderung des Gottesdienstes sahen sie zu, ohne den Sinn dessen, was abgeschafft wurde, begriffen zu ha- den, und sie waren von der Kirche, ehe sie es wußten, getrennt, da man ihnen die Absicht, sie von derselben zu trennen, verborgen hatte. Dieselbe Unwissenheit machte es auch möglich, der Kirche Dinge, die ihr fremd waren, zur Last zu legen, ja Lehren, die sie stets verworfen hatte, als die ihrigen darzustellen. Dadurch erhielt in den Augen des
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