1856 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Kiesel, Karl
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
596 Kaiser Karl V. und die Kirchentrennung in Deutschland.
herigen Bereiche der lutherischen, wodurch eine große Spaltung innerhalb
der neuen Lehre entstand.
10. Auch in Deutschland schienen die Ereignisse auf blutige Ent-
scheidung hinzudrängen. Im Jahre 1524 schlossen der Erzherzog Fer-
dinand, der Herzog Wilhelm von Baiern und die meisten süddeutschen
Bischöfe ein Bündniß zur Aufrechthaltung der katholischen Religion.
Gleiches geschah im folgenden Jahre zu Dessau von den beiden Haupt-
gegnern, welche die Reformation im Norden Deutschlands hatte, dem
Kurfürsten Joachim und dem Herzoge Georg, in Verbindung mit kleineren
Fürsten. Zugleich ließ der abwesende Kaiser, für den der Verlauf des
Krieges in Italien eine günstige Wendung genommen hatte, einen Reichs-
tag nach Speier ausschreiben, wo Maßregeln in Ansehung der Religion
getroffen werden sollten. Da schlossen, um sich für alle Fälle sicher zu
stellen, im Jahre 1526 der Kurfürst von Sachsen und der Landgraf
von Hessen zu Torgau ein Bündniß, dem bald andere norddeutsche Für-
sten beitraten. Als nun der Reichstag im nämlichen Jahre in Speier
zusammenkam, erzeugte sich zwischen beiden Parteien eine heftige Span-
nung. Um einen Bruch zu verhüten, vermittelte der Erzherzog einen
Schluß, der hinsichtlich der Religion für die nächste Folgezeit jedem Theile
in seinem Gebiete freie Hand ließ, und ein Concil behufs der Entschei-
dung begehrte. Die Aussicht auf eiuen neuen Krieg in Italien und die
von Seiten der Türken drohende Gefahr machten für die Bevollmäch-
tigten des Kaisers ein strengeres Durchgreifen unmöglich. Wie die
Genossen des Torgauer Bündnisses diese Umstände zu benutzen suchten,
zeigte sich daran, daß sie auf das leere Gerücht von einem zur Vertil-
gung ihrer Religion geschlossenen Bündnisse große Rüstungen machten,
und da kein Feind anzugreifen war, der Landgraf von dem Kurfürsten
von Mainz und den Bischöfen von Würzburg und Bamberg eine große
Summe zum Ersätze der aufgewandten Kosten erpreßte. Noch einmal
gab dem Kaiser ein Stillstand, der in seinem Kriege mit Frankreich
eingetreten, die Hoffnung, endlich sich der Angelegenheiten Deutschlands
anzunehmen, und zugleich forderte das Vordringen der Türken, die schon
Ungarn in ihrer Gewalt hatten, schleunige Hülfe. Aus beiden Gründen
schrieb er für das Jahr 1529, obgleich er selbst noch nicht dazu erschei-
nen konnte, einen neuen Reichstag nach Speier aus. Hier stritt man,
während die Türken vor Wien standen, zunächst darüber, ob die Neli-
gionssache oder die Türkenhülfe zuerst berathen werden solle. Die Ka-
tholiken mußten endlich darein willigen, daß die Religionssache den Vor-
rang habe. Gemäß dem kaiserlichen Vorschläge beschloß man mittelst
Stimmenmehrheit, es sollten diejenigen Stände, die der neuen Lehre
anhingen, sich bis zum Zusammentritte des Coucils aller ferneren Steue-
rungen enthalten und in ihren Gebieten Niemanden an Feier des