Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Viertehalb Jahrhunderte - S. 601

1856 - Freiburg im Breisgau : Herder
Kaiser Karl V. und die Kirchentrennung in Deutschland. gyl und verkündete keineswegs den Entschluß, die Protestanten mit Gewalt zu unterdrücken, sondern das Bestreben der Verständigung und Bei- legung. Da es hierbei zunächst auf Einsicht in das Wesen der neuen Lehre ankam, überreichten deren Anhänger eine von Melanchthon aus- gearbeitete Schrift, welche ihr Glaubensbekenntniß oder Symbolum ent- hielt und für sie das wichtigste ihrer symbolischen Bücher geblieben ist. Es war darin zweierlei abgehandelt, die Auffassung des christlichen Glaubens, die sich bis jetzt bei den Protestanten ausgebildet hatte, und das, was sie die Mißbräuche in der Kirche nannten, diejenigen gottes- dienstlichen Handlungen, die sie abgeschafft sehen wollten und für sich bereits abgeschafft hatten. Sie erhielt noch eine Ergänzung durch eine Apologie, welche die Erwiederung auf eine in Karls Aufträge von katholischen Theologen abgefaßte Widerlegung oder Confutation bildete. Nach diesen Schriften stellte sich die Abweichung von der Kirche in einer Weise dar, daß die Hoffnung auf eine Wiedereinigung noch nicht auf- gegeben werden zu müssen schien. Indem sie zur Begründung ihrer Abweichung die ihnen unannehmbaren Theile der Kirchenlehre anführten, bezeichneten sie Vieles als Kirchenlehre, was die Kirche nie gelehrt, vielmehr verworfen hatte. Doch die Aussichten auf eine Annäherung, welche durch Melanchthons Verhalten noch näher gerückt wurden, schienen den Protestanten unwillkommen und mußten es ihnen sein, da sie auf einem anderen Gebiete, als dem der kirchlichen Lehre und des Gottes- dienstes, auf dem des Besitzes und der Kirchenverfassung, bereits zu entschieden mit der alten Ordnung gebrochen hatten. Melanchthon wurde des Verrathes an der Sache bezüchtigt, und Luther, den man nicht vor den Kaiser hatte bringen wollen, erklärte von Coburg aus die Zuge- ständnisse, zu denen Melanchthon bereit war, als unzulässig. Ganz be- sonders zeigte Landgraf Philipp seine Abneigung gegen jede Annäherung durch den befremdlichen Schritt einer schleunigen Abreise von Augsburg. So kam es dahin, daß der Kaiser in dem Reichstagsabschiede erklärte, es sollten bis zur Entscheidung durch ein allgemeines Concil alle Reli- gionsangelegenheiten in ihren früheren Stand zurückversetzt werden, alle verheiratheten Priester, die ihre Frauen nicht verlassen wollten, ihrer Stellen entsetzt sein, jeder kirchliche Besitz zu seiner ursprünglichen Be- stimmung zurückkehren, und alle im Gebiete von Protestanten wohnen- den Katholiken des besonderen kasserlichen Schutzes genießen. Auch die Städte Straßburg, Constanz, Memmingen und Lindau, welche die Zwinglische Lehre angenommen hatten, erhielten auf Einreichung einer besonderen Bekenntnißschrift einen ähnlichen Bescheid. Während der Kaiser nun nicht in der Lage war, seinen Willen mit Gewalt zur Gel- tung zu bringen, trat bei den Protestanten die Neigung, sich demselben mit Gewalt zu widersetzen, deutlicher hervor, und Luther erklärte, daß
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer