1856 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Kiesel, Karl
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Kaiser Karl V. und die Kirchentrennung in Deutschland. 615
saßen. Der nachfolgende Papst Pius Iv. (1559—1565), den der heil-
same Einfluß seines Neffen, des großen Karl Borromäus, Cardinals und
Erzbischofs von Mailand, leitete, berief das Concil von Neuem, um'
dem, was es bereits geleistet, durch die Vollendung Ansehn und höheren
Werth zu geben. So lange die Arbeiten nicht beendet waren, konnte
nicht dazu geschritten werden, die beschlossenen Verbesserungen der Kir-
chenzucht als eur Ganzes ins Werk zu setzen. Das Ausbleiben der von
dem Concil erwarteten Entscheidungen hatte auch schon den Kaiser Fer-
dinand und seinen Schwiegersohn, den Herzog Albrecht von Baiern,
Wilhelms Sohn, zu dem Versuche bewogen, die unter ihren Unterthanen
sich kundgebende Unruhe durch eigenmächtige Bewilligung des Kelches
beim Abendmahle zu beschwichtigen. Es ließ sich noch Mehreres be-
fürchten, da Paul Iv. dem Kaiser die Anerkennung seiner Würde, für
die er nicht die päpstliche Bestätigung eingeholt, verweigert hatte. Auf
den Rath des Karl Borromäus erkannte Pius Iv. Ferdinand als Kaiser
an, und ließ das im Jahre 1502 wieder zusammengetretene Concil in
einer Weise leiten, daß den Berathungen die größte Freiheit ward und
die Rücksicht auf die päpstliche Macht gegen die Rücksicht auf das Heil
der Kirche, wo nicht beide zusammenfielen, zurücktrat. Zur Theilnahme
an den Berathungen des letzten Zeitraumes waren auch die deutschen
Protestanten, damit kein Mittel der Verständigung unversucht bliebe,
eingeladen worden, allein eine Versammlung protestantischer Fürsten,
die im Jahre 1561 aus Anlaß von Lehrstreitigkeiten unter ihren Theo-
logen zu Naumburg stattfand, hatte die Einladung als eine Anmaßung
ausgenommen, und dem Papste sogar das verargt, daß er sie als Söhne
angeredet. So blieb die Wirksamkeit des Concils auf die Katholiken
beschränkt, und hier bewirkte es, wie es die Bezeichnung der Lehre und
die Anordnung für kirchliches Leben während seiner ganzen Thätigkeit
verbunden hatte, in beiden Beziehungen Großes. Es sammelte sich der
ganze Reichthum christlicher Einsicht in einem Brennpunkte, und wie da-
durch eine Vertiefung des kirchlichen Bewußtseins eintrat, erleichterte
sich auch für die Glieder der Kirche die Aufnahme und Bewahrung der
Lehre. Es durchdrang aber auch ein frischeres und regeres Leben die
Kirche vermittelst der Ausführung des zur Förderung der Kirchenzucht
Festgesetzten. Die Gesammtheit der Entscheidungen erhielt, nachdem das
Concil im Jahre 1563 geschlossen worden, die päpstliche Bestätigung.
In Betreff der Lehre ward das Ergebniß allgemein als das Zeugniß
von dem allgemeinen Glauben der Kirche ausgenommen. In Betreff
der Kirchenzucht blieb die Durchführung eine große Aufgabe, wie die
reformatorische Thätigkeit in der Kirche eine immer fortdauernde ist und
nach Maßgabe fördernder oder hemmender Umstände und größerer oder
geringerer für dieselbe aufgcwandten Kraft hier rascher, dort langsamer
Kiesel, Weltgeschichte. H. 40