1856 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Kiesel, Karl
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
648 Spanien, Deutschland und Italien zur Zeit des Königs Philipp Ii.
lofigkeit der Ehe Rückfall an Spanien Vorbehalten wurde. Die ver-
einigten Provinzen verharrten aber in ihrer Stellung und setzten den
Krieg fort. Mit Frankreich, dessen König Heinrich Iv. im Jahre 1595
mit den Niederländern ein Bündniß geschlossen und ihm den Krieg
erklärt, hatte Philipp Ii. schon vorher zu Vervins Frieden geschlossen,
aber die Geschicklichkeit, welche Moritz in der Heerführung entwickelte,
machte es dem Erzherzoge schwer, selbst mit dem ebenfalls tüchtigen
spanischen Heerführer, dem Genuesen Spinola, dem Andrange der Geg-
ner Widerstand zu leisten. Der fernere Krieg, in dessen Lause Spinola
dem Feinde durch Eroberung des bisher noch in dessen Händen geblie-
benen Ostende den Eingang nach Flandern verschloß, zog sich bis 1609
hin, wo Philipps Ii. Nachfolger, Philipp Hi. (1598—1621), sein Sohn
aus vierter Ehe mit Albrechts Schwester Anna, einen zwölfjährigen
Waffenstillstand schloß und dadurch stillschweigend das Bestehen des neuen
Staates anerkannte.
7. Phihipp Ii-, der in dem von ihm nördlich von Madrid erbauten
Kloster Escurial, der Ruhestätte seines Vaters, starb, sah nach einer
langen Negierung, deren Lasten er mit Ausdauer, deren Unglücksfälle
er mit Gelassenheit getragen, die Macht seines Reiches sich zum Verfalle
neigen. Dazu gesellte sich der Schmerz, es einem Sohne hinterlassen zu
müssen, der nicht die Kraft zum Negieren besaß. Sein Sohn Karl aus
erster Ehe, ein Jüngling von geringen Anlagen und krankhafter Reiz-
barkeit, hatte sich durch die Heftigkeit, mit welcher er im Jahre 1568
nach dem Ausbruche der Unruhen in den Niederlanden dorthin gesendet
zu werden begehrte, eine enge Haft zugezogen, in welcher er sich durch
gewaltsame Aufregung und ungeregelte Lebensweise bald aufrieb. Philipp
war von dem bis zum Argwohne vorsichtigen Vater in solcher Beschrän-
kung erzogen worden, daß sich in dem gutartigen Jünglinge keine That-
kraft hatte entwickeln können. Das Land war erschöpft, und den Geld-
verlegenheiten konnte bei der Größe der aufgewendeten Summen auch
das nicht abhelfen, was die Silberflotten jährlich aus der neuen Welt
brachten. Verkehrte Maßregeln beschränkten selbst den hieraus fließen-
den Gewinn. Um so eher mußte man dem Frieden geneigt sein. Ein
Günstling, der Herzog von Lerma, der den König ganz beherrschte, suchte
möglichste Ruhe zu erhalten. Spanien selbst war auch keinen inneren
Bewegungen ausgesetzt, da die Großen des Landes im Anschließen an
den Hof sich zu ruhigem Genüsse ihres Vermögens gewöhnten. Die
einzige innere Bewegung war die Vertreibung der Morisco's, die man
noch immer als Christen und Unterthanen unzuverlässig und gefährlich
fand, deren Vertreibung aber als ein Verlust an arbeitenden Händen
gefühlt wurde. Unter solchen Umständen verlor Spanien die Stellung,
die es unter den Staaten gehabt. Selbst seine Herrschaft auf den