1856 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Kiesel, Karl
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
666 Frankreich in der Zeit der durch die Kirchentrennung
dem Sohne von Katharina und Johann von Albret, vermählt war,
ihren Hof zu einem Zufluchtsorte der wegen der Religion Verfolgten.
Obgleich Heinrich Ii. nicht minder als fein Vater die Verfolgung der
Protestanten betrieb und durch feine Verbindung mit den deutschen Pro-
testanten sich hierin nicht im mindesten stören ließ, fuhren sie doch» wozu
freilich jene Verbindung des Königs beitrug, in ihrer Ausbreitung fort.
Im Jahre 1559 fand zu Paris eine Synode statt, auf welcher sie ihren
Gottesdienst nach Calvins Grundsätzen ordneten. Sie erhielten im
ganzen Lande den Namen Hugenotten, der ursprünglich ein in Tours
umgehendes Nachtgespenst bezeichnet haben und auf sie wegen ihrer aus
Furcht vor der Verfolgung Nachts gehaltenen Zusammenkünfte spottweise
übertragen worden sein soll. Daß sie aber aus ihrer gedrückten Lage
zum Angriffe auf die Negierung übergingen und sich zu einer unter
Führern geschaarten Partei ausbildeten, hängt mit den Verhältnissen des
Hofes aufs Engste zusammen. Schon mehr als einmal hatte Parteiung
am Hofe und unter den Mitgliedern der königlichen Familie Frankreich
in Bürgerkriege gestürzt. Seitdem die Macht der großen Vasallen durch
Gründung einer einheitlichen Regierungsgewalt gebrochen war, suchten
diejenigen, welche Mittelpunkte für besondere Kreise zu bilden fähig und
geneigt waren, eine Entschädigung in einer einflußreichen Stellung am
Hofe, mittelst welcher sie statt der früher in einem Theile des Reiches
unmittelbar geübten Gewalt, eine mittelbare über das ganze Reich üben
konnten. In Zeiten, wo kein äußerer Krieg dem Drange nach Thätig-
keit ein Mittel der Befriedigung bot, ward daher der Hof der Schau-
platz eines Kampfes um überwiegende Betheiligung an der Negierung.
Je entschiedener nun von vielen Mitbewerbern einer das Uebergewicht
erhielt, desto mehr wurden die Zurückgestoßenen zu einer Gegenpartei
vereinigt, welche dann alle im Lande vorhandene Unzufriedenheit als
Mittel des Widerstandes zu benutzen suchte. So hatte Heinrich unge-
achtet der Abmahnung seines Vaters der Familie Guise, die eine von
dem zweiten Sohne des Herzogs Renatus Ii. stammende Nebenlinie des
lothringischen Herzogshauses bildete und durch den Herzog Franz und
seinen Bruder, den Cardinal Karl, vertreten war, einen sehr großen
Einfluß eingeräumt. Die von den Guisen gewonnene Stellung mußte
noch wichtiger werden, als Heinrich Ii. in Folge einer beim Turniere
erhaltenen Verwundung so früh starb, daß sein Sohn Franz Ii. noch
sehr jung auf den Thron kam, und zugleich wurde diese Stellung eine
feste dadurch, daß die nunmehrige Königin eine Nichte der Guisen war.
Den Guisen schien aber jene Stellung schon, sofern sie Abkömmlinge
eines auswärtigen Fürstenhauses waren, nicht zu gebühren. Als ver-
letzende Anmaßung erschien ihr Walten gegenüber dem der königlichen
Familie nahe verwandten Hause Bourbon-Vendome, der jüngeren Linie