1856 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Kiesel, Karl
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
672 Frankreich in der Zeit der durch die Kirchentrennnnz
Sie erhielten freie Religionsübung für alle Städte mit Ausnahme der
Stadt Paris und der Stadt, wo sich der Hof aufhalten würde, und
sollten alle Aemter bekleiden können. Ueberdies wurden ihnen zu ihrer
Sicherheit die vier festen Plätze La Rochelle, La Charite, Montauban
und Cognac eingeräumt. Ihre Sache war jetzt befestigt, und während
Colignp auch diesem Frieden entgegen gewesen war, fanden der Papst
und der König von Spanien durch denselben die katholische Kirche be-
einträchtigt. Verfolgung der errungenen Vortheile führte zu dem Be-
mühen, Frankreichs Verbindung mit Spanien zu zerreißen und seine
Kräfte zur Unterstützung der aufgeftandenen Niederländer zu verwenden.
5. Je sicherer nun die Hugenotten waren, desto mehr Grund zu
Besorgnissen hatten die Katholiken. Die Gewaltsamkeit, mit welcher
man ihre Kirchen zerstört, ihre Priester gemißhandelt hatte, eröffnete
trübe Aussichten für den Fall, daß die Bestrebungen der Gegner bei
der Regierung maßgebend würden. Ganz besonders diente die Land-
schaft Bearn, die als ehemalige Besitzung des Hauses Albret zu Na-
varra gehörte, zum Schreckbilde wegen der Wuth, mit welcher dort
unter Greuelthaten die katholische Kirche vernichtet worden war, da die
Königin Johanna zu den eifrigsten Häuptern der Hugenotten gehörte.
Die Besorgnisse mußten wachsen, da die Staatskunst Frankreich wirklich
in den Dienst der Hugenotten zu stellen schien. Der König vermählte
sich mit der Tochter des den Protestanten geneigten Kaisers Maximilian,
eine Vermählung von Antons und Iohanna's Sohn Heinrich mit des
Königs Schwester bereitete sich vor, und für Heinrich von Anjou wurde
um die Hand der Königin Elisabeth geworben. Da zugleich auch der
reformirten Partei in Deutschland auf ein Bündniß Hoffnung gemacht
wurde und Coligny auf sein Drängen die Zusage der Unterstützung für
die abgefallenen Niederländer erhielt, schien Frankreich eine Stellung
einnehmen zu wollen, in welcher es die von Philipp zu Gunsten der
katholischen Kirche ausgehenden Unternehmungen hemmen würde. Der
Hof, der während des ganzen Kampfes keineswegs der katholischen
Sache entschieden gedient, sondern sich zwischen den Parteien hin und
her geschaukelt hatte, näherte sich jetzt den Häuptern der Hugenotten so
sehr, daß viele derselben sich in Paris einfanden, wohin auch das Be-
mühen, der französischen Staatskunst eine neue Richtung zu geben, sie
ziehen mußte. Das Herannahen der Hochzeitsfeier des jungen Heinrich
von Navarra vermehrte die Zahl der Hugenotten in Paris. Ihre An-
wesenheit brachte, zumal sie mit bewaffnetem Gefolge erschienen waren,
vielfache Reibungen zuwege. Unter denselben erhitzte sich der Parteihaß
von Neuem, und am Hofe, wo man beständig einer oder der andern
Partei unterthan zu werden fürchtete, wurden Besorgnisse wach vor dem
steigenden Einflüsse der Hugenotten, und vor dem Einflüsse, den das