1856 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Kiesel, Karl
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
674 Frankreich in der Zeit der durch die Kirchentrennung
der Stadt La Nochelle, wo sich die Macht der Hugenotten zusammenge-
zogen batte, der Hauptgegenstand des Kampfes. Als die Leitung der
Belagerung der Herzog von Anjou im Jahre 1573 übernommen hatte,
wurde derselbe dadurch abgeruseu, daß es den Bemühungen seiner
Mutter gelungen war, seine Erhebung auf den Thron von Polen zu
bewirken. Seine Unterhandlungen führten zu dem Frieden von La No-
chelle, der die Stellung der Hugenotten nicht änderte. Sie befestigten
sich noch mehr durch die Anordnungen, die sie für Leitung ihrer Ange-
legenheiten trafen, und bildeten recht eigentlich einen Staat im Staate.
Zu gleicher Zeit entstand unter den Katholiken auf Betreiben des Hauses
Montmorencp eine Verbindung von Solchen, die die Quelle aller Nebel
in der Regierung sahen und sowohl dem neuerdings im Wachsen begrif-
fenen Einflüsse der Guisen entgegenzutreten, als auf die Entfernung
Katharinens hinzuwirken beabsichtigten. Sie wollten an ihre Spitze den
Herzog von Alenyon stellen, dem sie nach dem Tode Karls Ix. auch die
Nachfolge zu verschaffen gedachten. Gemeinschaftliche Feindschaft gegen
den Hof und die Guisen näherte sie, die sich die Unzufriedenen oder die
Politiker nannten, den Hugenotten. Ein gemeinschaftlicher Anschlag auf
den Hof wurde vereitelt, aber das Betreiben desselben und die Vorkeh-
rungen und Gegenvorkehrungen, die ihm folgten, fachten den fünften
Krieg an. Ehe derselbe ausbrach, war Karl Ix., der seit geraumer
Zeit krank war und an einer aufreibenden Aufregung litt, im Jahre
1574 gestorben. Sein Bruder Heinrich verließ das ihm ohnehin miß-
fällige Polen, um für dessen Thron den von Frankreich zu erhalten.
Aus Krakau, wo er wider Willen zurückgehalten zu werden fürchtete,
entfloh er und langte über Wien, Venedig und Turin in Frankreich an.
Unter seiner Regierung (1574—1589) mußte sich das Elend des Reiches,
das er vom Bürgerkriege zerrüttet fand, fortsetzen und vermehren, da
er die Sittenlosigkeit, die bisher an dem Hofe geherrscht hatte, noch
überbot, und in niedrigen Ausschweifungen sich die Zeit und die Kraft
für die Geschäfte des Regierens entzog. Der fünfte und der von
demselben nur durch kurzen Stillstand getrennte sechste Bürgerkrieg
(1574—1576) war ein Krieg der verbündeten Hugenotten und Politiker
gegen die königliche Partei. Das Uebergewicht der Streitkräfte ver-
schaffte den Hugenotten in dem Frieden, der zu Beaulieu geschlossen
wurde, die günstigsten Bedingungen. Neben einer freien Religions-
übung, von der nur Paris ausgeschlossen war, erhielten sie in jedem
der obersten Gerichtshöfe oder Parlamente eine zur Hälfte aus ihnen
besetzte Kammer und eine Anzahl von Sicherheitsplätzen, während der
Herzog von Alenyon, das Haupt der Politiker, zum Statthalter von
Berry, Touraine und Anjou bestimmt und Herzog von Anjou geuannt
wurde. Die vortheilhafte Stellung, welche die Hugenotten jetzt hatten,