1856 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Kiesel, Karl
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
und der von den Vortheilen des Handels bestimmten Staatskunst. 771
Straße verstattet wurde. Der Herzog von Lothringen sollte sein Land
wieder erhalten, aber die Städte Nancy und Longwy abtreten, und da
er sich hiergegen verwahrte, blieb sein Land in den Händen des Feindes.
Zugleich und nachher wurde den Schweden Alles, was sie verloren
hatten, zugesprochen. Den Kurfürsten von Brandenburg, der nicht ein-
mal die Vermittlung der Niederlande gewinnen konnte, nöthigte der
König zur Herausgabe der gegen Schweden gemachten Eroberungen da-
durch, daß er dessen niederrheinische und westphälische Besitzungen, wäh-
rend er in Preußen gegen die Schweden kämpfte, nach Beendigung des
Krieges am Oberrhein durch Crequi verheeren ließ, und in dem beson-
deren Frieden von St. Germain ging der Kurfürst aus dem mit großen
Opfern und angestrengter Thätigkeit ruhmvoll bestandenen Kampfe ohne
Gewinn hervor. Auch zwischen Dänemark und Schweden trat Ludwig
als Richter auf, indem er mittelst eines Truppenmarsches durch das
Oldenburgische Dänemark zwang, seinen gegen Schweden errungenen
Vortheilen zu entsagen.
10. Der Friede beurkundete den Mächten Europa's, daß das Werk,
welches in dem westphälischen als begonnen erschien, einen großen Schritt
zur Vollendung gethan habe. Der Ueberzeugung, daß der König von
Frankreich über die Geschicke der übrigen Staaten zu entscheiden habe,
konnte sich keine der Mächte, die an den letzten Ereignissen betheiligt
gewesen waren, mehr verschließen. Der König von Frankreich aber,
in dessen Geiste die königliche Gewalt in Frankreich keine Schranken
hatte, betrachtete auch die Ausübung jener mittelbaren, aber da, wo er
Widerstand fand, nur desto gewaltsameren Herrschaft über Europa als
einen ihm zugewiesenen Beruf. Wie ihn selbst der Gang der Ereig-
nisse in dieser Ansicht bestärkte, arbeitete er für deren Verbreitung auch
durch förmliche Besoldung, mit der er im Auslande Vertreter derselben
hielt. Namentlich hatte Deutschland nicht bloß an den Höfen solche
Vertreter, sondern auch unter seinen Schriftstellern traten viele in fran-
zösischen Sold, um ihren Landsleuten, so laut auch richtiger und besser
Denkende widersprachen, die Meinung beizubringen, daß es die höchste
Ehre sei, dem Siegeswagen des französischen Dictators zu folgen. Die
Gewalt, die dieser erlangt hatte, ließ sich aber nicht besser befestigen,
als wenn sie in der Schrankenlosigkeit, die sie im Geiste ihres Trägers
hatte, auch fortwährend geübt wurde. Den Gedanken an die Ab-
schüttelung des Jochs hoffte man in dem Maße fern zu halten, als das-
selbe fühlbar bliebe. Daher wurden die Wünsche, die man in der Folge
rücksichtlich des Verhältnisses zu andern Staaten hatte, nicht mehr, wie
es der Selbstständigkeit der anderen Staaten entsprochen hätte, auf dem
Wege der Unterhandlung geltend gemacht, sondern sie äußerten sich als
Gebote, die im Falle des Widerstandes durch Gewalt in Vollzug gesetzt