1856 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Kiesel, Karl
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Die Zeit des französischen Uebergewichtes
des Königs Ludwig Ii. eine Reihe großer Unglücksfälle der Christen
eröffnet hatte. Schon war der nördliche gebirgige Theil von Ungarn,
wo Tökely sich am längsten gehalten hatte, schon war Siebenbürgen für
Oestreich gewonnen. Diese Erfolge benutzte der Kaiser, um die Wider-
spenstigkeit des ungarischen Adels zu brechen, und wie einst den Böhmen,
ward jetzt den Ungarn das Recht, den König zu wählen, genommen, so
daß auch Ungarn sich in ein Erbland des östreichischen Hauses verwandelte.
12. Die Kunde von den Fortschritten der christlichen Waffen war
beunruhigend für den König von Frankreich, der von seinen Vorfahren
den ruhmvollen Namen des allerchristlichsten Königs ererbt hatte. Er
fürchtete durch das Zurückdrängen der Türken die Hülfe zu verlieren,
durch die er bisher bei seinem Bemühen, den christlichen Staaten sein
Joch aufzulegen, den Widerstand des Kaisers verhindert hatte. Seine
Staatskunst gebot es ihm, jetzt dem Bundesgenossen zu helfen, dessen er
auch ferner noch zu bedürfen glaubte. Während seiner bisherigen Kriege
in Europa hatte er es nicht versäumt, seinen Staat in die Reihe der
Seemächte treten zu lassen und seine Schiffe in die fremden Erdtheile
zu senden. Hatte die Zeit die Summen baaren Geldes zum Maßftabe
für die Macht der Staaten gemacht, so mußte der König von Frank-
reich, der den Staaten Europas mit dem Ansprüche auf eine Ober-
herrschaft gegenübertrat, auch durch Gründung von Colonieen an dem
überseeischen Handel Theil nehmen. Schon in der Zeit Richelieu's
hatten Privatpersonen aus Frankreich, während Versuche, an dem ostin-
dischen Handel Theil zu nehmen, nicht glücken wollten, in Afrika auf
den Küsten um die Mündung des Senegal, in Südamerika im östlichen
Theile der Landschaft Guyana, französisch Cayenne genannt, und in West-
indien auf den zu den kleinen Antillen gehörigen Inseln Martinique
und Guadeloupe Handelsniederlassungen gestiftet. Von allen diesen
Niederlassungen hatten die westindischen das meiste Gedeihen. Sie er-
weiterten sich, indem Anbauer auf benachbarte kleine Inseln übergingen.
Colbert, der alle Mittel zur Vermehrung der Geldquellen des Staates
versuchte, kaufte sie den Privatpersonen für den Staat ab. Der Handel
nach den überseeischen Niederlassungen wnrde von ihm bevorrechteten
Handelsgesellschaften übertragen. Doch mußte diese Einrichtung, die für
Afrika und Südamerika bestehen blieb, und zu der für Ostindien mittelst
Gründung einer solchen Gesellschaft, deren Stützpunkt Pondichery auf
der Küste Koromandel wurde, ein neuer Versuch gemacht wurde, für
Westindien aufgehoben werden, weil der dortige Handel der Beeinträch-
tigung durch Betheiligung Unberechtigter nicht entgehen konnte. Wäh-
rend durch Freigebung des Handels jene Colonieen einen Aufschwung
nahmen, kam eine neue auf dem westlichen Theile der Insel San Do-
mingo hinzu. Diese hatte ihren Ursprung in einem beständigen kleinen