1856 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Kiesel, Karl
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Die Zeit des französischen Übergewichtes
berge eingenommenen Stellung. Während darauf der Markgraf die wich-
tige bairische Festung Ingolstadt belagerte, kam ein französisches Heer-
unter Tallard vom Nheine her, um sich mit dem andern französischen
Heere, das sich mit dem bairischen gegen Augsburg zurückgezogen hatte,
zu vereinigen. Seine Annäherung gab dem Kurfürsten den Muth, alle
von Marlborough und dem Kaiser gemachten Friedensanträge zu ver-
werfen, wofür man sein Land durch schreckliche Verheerung büßen ließ.
Die beabsichtigte Vereinigung gelang, aber dem Heere Tallards war
Eugen mit dem seinigen gefolgt, und bei Donanwerth hatte er sich mit
Marlborough vereinigt. Als darauf die Feinde oberhalb Donauwerths
über die Donau gingen, griffen die beiden großen Feldherren sie bei
Höchstädt und Blindheim an und erfochten einen so vollständigen Sieg,
daß die Franzosen, von deren Führern Tallard gefangen war, sich über
den Rhein zurückziehen mußten und der Kurfürst ihnen zu folgen ge-
zwungen war.
20. Seit diesem entscheidenden Schlage erlitt Ludwig eine Anzahl
fernerer, durch welche dieser Krieg das Ansehen einer Züchtigung fran-
zösischen Uebermuthes erhielt und die Erwartung erregte, als ob er
außer dem Gegenstände des Streites auch früher gemachte Beute dem
Könige entreißen werde. Die Anstrengungen des kaiserlichen Hofes ver-
minderten sich nicht, als der Kaiser Leopold starb. Sein Nachfolger,
Joseph I., schickte sich an, den Krieg zu Gunsten seines Bruders mit
nicht geringerem Nachdruck fortzusetzen, als der Vater beim Beginne
desselben angewandt hatte. Die Milde und Einsicht des Kaisers be-
reiteten auch die Stillung eines innern Zerwürfnisses vor, das die
Anstrengungen bisher getheilt hatte. Fortdauernde Unzufriedenheit
hatte in Ungarn von Neuem das Feuer des Aufruhrs entzündet, und
während die Anwendung der Gewalt demselben keinen Einhalt gethan,
War es der sanfteren und behutsameren Behandlungsweise Josephs auf-
behalten, dasselbe zu dämpfen. Strenge zeigte der Kaiser dagegen in
Baiern. Dieses Land war nach der Entfernung des Kurfürsten unter
östreichische Verwaltung gestellt worden, und die Verwalter erschöpften
dasselbe durch Erpressung. Dadurch wurde das Volk, das gerade die
Treue gegen den Kurfürsten zum Anlaß besonderer Bedrückung gemacht
sah, zu einem solchen Widerstande gereizt, daß den Oestreichern im Lande
das Schicksal drohte, welchem das bairische Heer in Tirol mit Mühe
entgangen war. Schon war man genöthigt gewesen, mit den Führern
der Aufständischen einen Waffenstillstand einzugehen, als mit Hülfe eines
aus den nächsten Reichslanden gezogenen Heeres der Empörung blutig
begegnet wurde, ohne daß im ganzen Laufe des Krieges die Ruhe völlig
hätte hergestellt werden können. Auch im Lande des Hauptgegners wurde
um diese Zeit ein Aufstand gedämpft, der schon seit dem Jahre 1702