1856 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Kiesel, Karl
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Die Zeit des französischen Uebergewichtes
gewählt würde. Er erreichte aber seine Absicht nur theilweise, sofern
er nicht alle die polnischen Großen für denselben stimmen konnte und
daher die Wahl, die unter dem Einflüsse der schwedischen Waffen im
Jahre 1704 bei Warschau erfolgte, nur das Werk einer kleinen Zahl
von Wählern war. Es folgte jetzt ein Hin- und Herziehen der Schwe-
den in dem nur theilweise bezwungenen und gegen den fremden
Herrn nicht minder als gegen seine gewählten Könige ungefügigen
Polen. August zog sich nach Lithauen zurück, und da er sich zu Grodno
mit einem russischen Heere vereinigte, ward Karl in diese Gegend ge-
lenkt, wo er auch gegen die Russen beschäftigt blieb, während August im
Westen seines Reiches seine Sache herzustellen suchte. Das Zurückwei-
chen der Russen brachte endlich den Schweden bis nach Volhynien, ' wo
er, ohne die Feinde erreichen zu können, sich begnügen mußte, dem von
ihm erhobenen Könige Anerkennung zu verschaffen. August hatte in-
zwischen den Unfall gehabt, daß seine über Schlesien aus Sachsen neu
angelangten sächsischen Truppen durch die von Karl im Westen zurück-
gelassenen Schweden im Jahre 1705 bei Fraustadt eine neue Nieder-
lage erlitten. Als Karl im Jahre 1706 aus Volhynien znrückkehrte,
unternahm er es, seinen Gegner mittelst Eindringens in Sachsen völlig
zu vernichten. Es kümmerte ihn nicht, daß er hierzu das Gebiet des
deutschen Reiches und des Kaisers mittelst eines Durchzuges durch
Schlesien verletzen mußte. Wie für Augusts sächsische Truppen der
Weg durch Schlesien geführt hatte, durchzog der Schwedenkönig dieses
Land, ohne auf die Beschwerde des in den spanischen Erbfolgekrieg ver-
wickelten Kaisers zu achten. Sachsen wurde, wenn auch Karl die schwedi-
schen Greuel des dreißigjährigen Krieges nicht nach Deutschland zurück-
führte, vielmehr durch die Zucht seines Heeres dem Lande die Lasten
erleichterte, durch Kriegssteuern hart gedrückt, und als er westwärts
von Leipzig im Lager zu Altranstädt stand, schloß er mit den Bevoll-
mächtigten Augusts, der in Polen geblieben war, noch im Jahre 1706
einen Frieden, wodurch dieser auf den polnischen Thron verzichtete und
dem Bündnisse mit Rußland entsagte. Die Bekanntmachung dieses
Friedens hatte die Rückkehr Augusts aus Polen nach Sachsen zur Folge.
Doch blieb der Sieger, der jetzt auf dem Gipfel seiner Macht stand,
noch bis tief in das Jahr 1707 zu Altranstädt und fuhr fort, den bezwunge-
nen Gegner ungeachtet persönlich höflicher Begegnung seine Macht durch
die dem Lande aufgelegten Leistungen fühlen zu lassen. Hier war es
auch, wo Marlborough zu ihm kam, um die Schritte zu vereiteln, durch
welche Ludwig Xiv. den nordischen Eroberer, der jetzt den öftreichischen
Landen so nahe stand, der sogar schon für die Protestanten Schlesiens
dem Kaiser Zugeständnisse abgedrungen hatte, zur Erneuerung der alten
Verbindung Schwedens mit Frankreich zu bewegen suchte.