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1. Viertehalb Jahrhunderte - S. 884

1856 - Freiburg im Breisgau : Herder
884 Die Zeit der fatschen Aufklärung und der gewaltthäügen Staatskunst. reichs eine Neuerungssucht, deren Grundsätze sich unter dem gemein- schaftlichen Einflüsse des in religiöse Gleichgültigkeit übergegaugenen Protestantismus und der französischen Aufklärung gebildet hatten. Prote- stantismus und Franzosenthum reichten sich die Hand, um den Regenten, dessen Vorfahren gegen beide heldenmüthig gekämpft, eine Regierung in ihrem Sinne zu lehren. Bei der Bedeutung, die Joseph wegen der Größe seines eignen Reiches, wegen seiner Stellung zu dem deutschen Reiche hatte, ist er es gewesen, durch welchen die Ergebnisse, zu welchen die von der Glaubenstrennung erregte Bewegung geführt hatte, in den katholischen Theil Europas eindrangen. Nachdem Oestreich das Boll- werk gegen das Fortschreiten des kirchlichen Abfalles gewesen, wurde es den von demselben in das Leben gerufenen Grundsätzen geöffnet, so daß ein zweiter Zeitraum in der Geschichte jener religiösen Umwälzung zu beginnen schien, da man erwarten durfte, daß in den übrigen katho- lischen Neichen, wo sich schon die Anfänge eines Kampfes gegen die Kirche gezeigt hatten und fortwährend Waffen zu demselben zusammen- getragen wurden, Josephs Beispiel Nacheiferung wecken werde. Wie- viel Zerstörung aber Joseph auch angerichtet und wieviel er zur Erregung eines baldigen Sturmes auf Thron und Altar, den französische Philo- sophen herbeisehuten, beigetragcn hat, so beschränkt sich das Maß seiner Schuld durch die Erwägung der Macht, mit welcher der Zeitgeist ihn in seine Dienste lockte. Mit schönen Anlagen des Herzens und des Verstandes ausgestattet, erfaßte Joseph den Herrscherberuf mit dem Ent- schlüsse, für das Wohl seiner Völker zu leben. Eine Unterrichtsweise, die seinen hochfahrenden Sinn, anstatt ihn zu veredeln, nur zurückge- stoßen, hatte ihn nicht zu gründlichem Lernen kommen lassen und ihn für immer auf ein eilfertiges und oberflächliches Auffassen der Dinge be- schränkt. Je länger er unter der Herrschaft seiner Mutter den Trieb der Thätigkeit hatte zügeln müssen, desto hastiger stürzte er sich nach ihrem Tode auf die Dinge, die nach seiner Meinung längst einer Um- gestaltung harrten, und unerbittlich durchgreifend arbeitete er nun an Verwirklichung der Gedankenbilder, die ihn längst erfüllt hatten. Das blendende Vorbild des Königs von Preußen, der bei kühnem Durchbre- chen alter Schranken das Zeugniß der Erfolge für sich hatte, weckte in ihm einen großen Thatendrang. Die Regsamkeit und Empfänglichkeit seines Geistes ließ ihn auch unzählige Versuche machen, unzählige Wege einschlagen. Aber der Mangel an Durchdringen der Verhältnisse ließ ihn Ungleichartiges für gleich ansehen und verleitete ihn zu Erstrebung einer Gleichförmigkeit, die nach mühsamer Erreichung des Zweckes überall Verletzung zeigte. Er faßte nach einer über das Wesen des Staates herrschenden Ansicht sich als den ersten Diener des Staates auf und betrachtete als seine Aufgabe die Förderung eines sogenannten Gemein-
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