1856 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Kiesel, Karl
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
890 Die Zeit der falschen Aufklärung und der gewaltthätigen Staatskunst.
wogen, den Kaiser um Unterstützung gegen die Ansprüche desselben zu
ersuchen. Damals war dieses Verlangen erfolglos geblieben. Doch in
der Zeit, wo Joseph als Regent seiner Erblande mit den Angriffen auf
die Kirche beschäftigt war, sagte er einem wiederholten Verlangen seine
Unterstützung zu. Eine besondere Veranlassung zur Erneuerung jener
Frage hatte ein Streit über die päpstlichen Nuntien gegeben, welche zur
Erleichterung des Geschäftsganges in den dem Papste vorbehaltenen
Angelegenheiten an Ort und Stelle im Namen desselben entschieden.
Der Kurfürst Karl Theodor, der als Sprößling des Hauses Pfalz-
Sulzbach im Jahre 1742 dem Hause Pfalz-Neuburg in der Herrschaft
über Kurpfalz, Jülich und Berg, dann, nachdem das baierische Haus im
Jahre 1777 mit Maximilian Joseph ausgestorben, auch diesem Ln der
Herrschaft über Baiern gefolgt war, hatte einen Nuntius für seine Lande
gewünscht, da Baiern unter solchen Bischöfen stand, die als selbststän-
dige Fürsten außerhalb desselben ihre Sitze hatten. Als ihm gewillfahrt
wurde, lebte der Streit wegen der päpstlichen Vorrechte wieder auf, und
die betheiligten Bischöfe sträubten sich gegen das, was sie Beeinträchti-
gung ihrer Gerichtsbarkeit nannten. Ihre Bemühungen richteten sich
nicht bloß gegen den nen in München eingesetzten Nuntius, sondern auch
gegen den, der seit langer Zeit in Köln seinen Sitz hatte, während der
zu Wien schon durch Josephs Maßregeln außer Thätigkeit gesetzt war.
Da aber die Nuntien zu Köln und zu München, ohne sich um die von
dem Kaiser unterstützte Einsprache der Bischöfe zu kümmern, ihr Amt
verwalteten, einigten sich die drei Kurfürsten und der Erzbischof von
Salzburg durch ihre im Jahre 1786 in Ems bei Koblenz zusammen-
getretenen Abgeordneten über eine Richtschnur für ihr künftiges Verhal-
ten gegen den römischen Stuhl, wonach sie die Nuntien nur als päpst-
liche Gesandte behaudeln und die dem Papste bisher vorbehaltenen Rechte
selbst üben wollten. Der Kaiser rieth ihnen, dem Werke durch Ein-
verständniß mit ihren Suffraganbischöfen größere Festigkeit zu geben.
Doch diese erklärten sich großentheils dagegen. Die ganze Sache wurde
sodann von ihnen aufgegeben, nachdem der Kurfürst Clemens Wences-
laus, besserer Einsicht folgend, zuerst von der Vereinigung zurückge-
treten war. Wenn auf diese Weise für den Kaiser Joseph die Ge-
legenheit, dem kirchlichen Zustande, den er in seinen Staaten herbei-
führte, auch im Reiche Eingang zu verschaffen, vorübergegangen war, so
bereitete sich doch auch im Reiche unter den höheren Klassen der Be-
völkerung eine Stimmung, die einem entschiedenen Abfalle von der Kirche
gleich kam. Ihren stärksten Ansdruck hatte diese Stimmung durch förm-
liche Stiftung einer Genossenschaft gefunden, deren Mitglieder, bis zum
völligen Atheismus vorgeschritten, eine Verpflichtung zum Kriege gegen
Religion und Negierung übernahmen. Ein Lehrer des Kirchenrechts,