1856 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Kiesel, Karl
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
898 Die Zeit der falschen Aufklärung und der gewaltthätigen Staatskunst.
Haber der Streitkräfte ernannte, möglichst ersetzt. Mit ausdauernder
Geduld überwand er die in der Bevölkerung, in dem Congresse und im
Heere sich zeigenden Hindernisse. Sein Verdienst war es, daß mittelst
eines zum größten Theile vertheidigungsweise geführten Krieges den
Engländern so lange widerstanden wurde, bis auswärtige Mächte Hülfe
leisteten. Die Engländer mußten zwar noch im ersten Jahre des Krieges
Boston räumen, aber als sie im folgenden Jahre von Halifax in Neu-
schottland , wohin sie sich zurückgezogen, wieder vordrangen, mußte
Washington eine rückgängige Bewegung machen und bis über den De-
laware weichen, wie auch der Congreß sich für einige Zeit der Sicher-
heit wegen in das südwärts jenes Flusses gelegene Baltimore, die
Hauptstadt von Maryland, begab. Nichtsdestoweniger wurde die Unab-
hängigkeit der vereinigten Landschaften in diesem Jahre förmlich ausge-
sprochen. Während Washington im Süden den Vertheidigungskrieg
fortsetzte, ward eine Unternehmung gegen Canada begonnen, dessen Be-
völkerung man gewinnen zu müssen glaubte, um nicht einen Feind an
der Seite zu haben. Die Engländer vereitelten nun zwar diese Unter-
nehmung, so daß sie daran denken konnten, aus den Gegenden des Lo-
renzstromes nach dem Champlainsee und dem Hudsonflusse vorzudringen.
Doch während sie den Krieg aus Canada so nach Süden trugen, kam
im Jahre 1777 ihr Heer in Neu-Iork bei Saratoga am Hudson in die
Lage, sich ergeben zu müssen.
41. Jetzt wurde das englische Ministerium zum Nachgeben geneigt.
In Amerika aber sah man durch die Hülfe Frankreichs den Weg zum
Erringen der völligen Unabhängigkeit eröffnet. Franklin, der schon im
Jahre 1776 von dem Congresse nach Paris gesandt worden war, brachte
im Jahre 1778 ein Bündniß mit Frankreich zu Stande, worin dieses
sich verpflichtete, die Amerikaner so lange zu unterstützen, bis England
ihre Unabhängigkeit anerkannt habe. König Ludwig Xvi., der im Jahre
1774 seinem Großvater Ludwig Xv., nachdem der Gram über dessen
Erniedrigung den Vater aufgerieben hatte, auf dem Throne gefolgt war,
ließ sich zu diesem Bündnisse durch die Staatskunst bestimmen, welche
jeden Vortheil zu ergreifen suchte. Diese mußte jetzt in Unterstützung
der Amerikaner ein wirksames Mittel zur Schwächung Englands sehen.
Ihr Rath wurde noch unterstützt durch die in Frankreich immer deut-
licher hervortretenden Gelüste, jene Gedanken, welche von den Encpklo-
pädisten angeregt und ausgebildet worden waren, zu verwirklichen. Co-
lonieen, die durch Aufhebung aller Verbindung mit dem Mutterlande
zugleich jede Abhängigkeit von der Vergangenheit verworfen hatten, er-
schienen als der geeignetste Boden, auf dem ein von keinem gegebenen
Verhältnisse beengtes, durch keine Ueberlieferung bestimmtes Staatswesen
sich gründen ließe. In Amerika selbst hatte die Empörung zur Ausbil-