1856 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Kiesel, Karl
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Die Zeit der siegreichen Revolution.
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terthänigkeit, die sie unter dem Namen einer beständigen Bundesgenossen-
schaft mit Frankreich sich aufcrlegen ließen, aber für diese Unterthänig-
keit entschädigte sie die unbedingte fürstliche Gewalt, die sie innerhalb
ihrer Gebiete erhielten. Ihre Macht wuchs noch mehr dadurch, daß
mittelst des sogenannten Mediatisirens eine Menge bisher reichsunmit-
telbarcr Stände, namentlich die gesammte Reichsritterschaft, sich Ln Un-
terthanen der Rheinbundsfürsten verwandelten. Auch zwei der noch
übrigen Reichsstädte traf das Loos, unter fürstliche Herrschaft treten zu
müssen, Nürnberg, das an Baiern, Frankfurt, das an den Kurerzkanzler
kam. Es hörten nun alle diejenigen Titel auf, die nur in Beziehung
auf das Reich einen Sinn haben konnten. So erhielt der Kurerzkanzler,
der auf einem zur Schlichtung von Streitigkeiten zwischen den Bundes-
gliedern in Frankfurt zu haltenden Bundestage den Vorsitz führen sollte,
den Namen eines Fürsten Primas, und der Kurfürst von Baden nahm
den großherzoglichen Titel an, während der Landgraf von Hessen-Darm-
stadt und die Fürsten der nassauischen Linien Usingen und Weilburg
um der größer» Macht und Würde willen, jener zu einem Großherzoge,
diese zu Herzogen erhoben wurden. Von dieser neuen Schöpfung der
Revolution wurde alsbald dem Reichstage zu Regensburg Anzeige ge-
macht. Darauf beeilte sich Kaiser Franz zu erklären, daß er die deutsche
Kaiserkrone, an welche sich eine Menge jetzt unerfüllbar gewordener
Verpflichtungen knüpften, niederlege, alle Stände des Reiches des ihm
geleisteten Eides entbinde, und seine deutschen Lande von dem Reiche
trenne, um sie in Vereinigung mit seinen außerdeutschen Landen als
Kaiser Franz !. von Oestreich, zu beherrschen. Der Reichstag und die
beiden Reichsgerichte zu Wien und Wetzlar lösten sich auf. Das von
Karl dem Großen gegründete Kaiserthum, das man schon längst erster-
den gesehen, war nach einer tausendjährigen Dauer erloschen. Mit ihm
war auch die letzte Erinnerung dahin an jene Ordnung, vermöge deren
die christlichen Völker ein Ganzes ausgemacht, vermöge deren die Kirche
als eine die christliche Welt erhaltende und zusammenhaltende Macht
den Schutz der staatlichen Gewalt genossen und deren Thätigkeit geregelt
hatte. Es waren auch die Bürgschaften dahin, welche der Kirche in
Deutschland, nachdem die Glaubenstrennung die Einheit des Reiches zer-
rissen, in blutigen Kämpfen gegen die Anhänger der neuen Lehre er-
kämpft worden waren. Das Reich hatte, so morsch es auch ge-
worden war, doch noch die Verträge, die über das der Kirche ge-
lassene Gebiet bestanden, in Geltung und Wirksamkeit erhalten. Jetzt
verschlang die Landeshoheit jedes Recht, das neben dem des Regenten
bestand, und die Beschränkung, in welcher die Kirche in Frankreich
lebte, gab den Maßstab für ihr Verhältniß in den Staaten des Rhein-
bundes, wo nicht gar der Protestantismus, durch die Fürsten vertreten,