1856 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Kiesel, Karl
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Die Zeit der siegreichen Revolution.
Papst verweigerte die Bestätigung der von Napoleon ernannten Bi-
schöfe. Da ließ derselbe, um für die von chm in Verwirrung gestürzte
Kirche eine neue Ordnung zu finden, im Jahre 1811 ein Concil in
Paris zusammentreten. Dieses aber erklärte, wie es nicht befugt sei,
für die ernannten Bischöfe die päpstliche Bestätigung zu ergänzen. Napo-
leon löste es auf, da es in seiner Mehrheit so wenig Willfährigkeit
zeigte. Die Lösung der kirchlichen Wirren, die in ihrem Verlaufe den
Papst aus Savona zu persönlichen Unterhandlungen nach Fontainebleau
führten, erfolgte erst durch die Vernichtung der großen europäischen
Zwingherrschaft.
39. Zur Erschütterung des großen mit List und Gewalt errichteten
Gebäudes war bloß eine Begebenheit nöthig, welche die Meinung von
der Unbezwinglichkeit seines Gründers zerstörte. Sobald eine solche ein-
trat, mußte bei vielen Staaten das Gefühl der unnatürlichen Lage, in
der sie sich befanden, lebendig werden und der Grimm der Völker sich
entfesselt fühlen. Konnte die Schöpfung der Revolution mit den Kräf-
ten, denen sie ihr Dasein verdankte, noch einige Zeit dem Andrange der
Zerstörung Widerstand leisten, so mußte doch bei ihrer Vertheidigung
die Zuversicht mehr und mehr erlöschen, zu dem Angriffe auf dieselbe
sich mehr und mehr Kraft sammeln. Die schrittweisen Erfolge, die den
Angriffen zu Theil wurden, trieben nicht allein die Furchtsamen und
Schwankenden zu Entschlüssen, sondern derselbe Eigennutz, der den Er-
oberer groß machen geholfen, wurde sein Feind, um bei der bevorstehen-
den Begründung einer neuen Ordnung sich den erlangten Gewinn zu
sichern. Da Napoleon für den Gedanken, in einem freiwillig begrenzten
Theile Europas der Beglückung der Völker, der Förderung menschlicher
Aufgaben zu leben, nicht empfänglich war, sondern ohne Hinblick auf
einen über seinen Vortheil, seinen Ruhm, seine Größe hinausliegenden
Zweck nur in der Uebung seines kriegerischen Talentes und einer mecha-
nischen Herrschaft den Inhalt seines Lebens zu finden vermochte, konnte
der Lauf seiner Eroberung nie geschloffen sein. Rußland wurde, da es
auf dem Festlande sich allein in Unabhängigkeit erhalten hatte, das neue
Ziel seiner Angriffe, es wurde durch das Mißlingen dieser Angriffe
die Veranlassung seines Sturzes. Seitdem die Freundschaft zwischen
Napoleon und Alerander sich geschlossen, hatte es das Ansehn, als
ob Europa hinsichtlich der Leitung seiner Angelegenheiten zwischen bei-
den getheilt sei. Die Art indessen, wie Napoleon in seinem Kreise
waltete, mußte bald für den andern Kreis große Besorgnisse vor
Schmälerung und Beeinträchtigung erregen, ja Napoleon ward auf
einem Wege fortgetrieben, der zu dem Bestreben führte, auch in jenem
Kreise dem Kaiser Alerander nicht freie Hand zu lassen. Hinsichtlich
der Continentalsperre mußten Napoleons Forderungen und Alexanders