1856 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Kiesel, Karl
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Die Zeit des noch lebenden Geschlechtes.
Hauptstadt der christlichen Welt wieder, in welcher eine französische Be-
satzung seinem Wunsche gemäß verblieb, bis die eigene Truppenmacht
erneuert und die hergestellte Ordnung befestigt sein würde.
25. In die seltsamste Lage ward durch die Revolution Deutschland
versetzt. Nach vorausgegangenen Zeichen begann die Erschütterung mit
den im März zu Wien und zu Berlin erfolgten Aufständen, wodurch in
den beiden Hauptstaaten für eine geraume Zeit den Negierungen Stärke
und Sicherheit entzogen wurde. Die nächsten Ergebnisse waren, daß
in beiden Städten Versammlungen zusammentraten, den beiden Staaten
neue Verfassungen zu geben. Wie überall, drängte sich hinter den For-
derungen auf Mitwirkung einer Volksvertretung bei der Regierung das
Gelüste hervor, in stufenweisem Fortschritt die Regierung zu schwächen
und jedem Erstarken derselben dadurch vorzubeugen, daß die Bewegung
dauernd erhalten würde. Die Versammlungen traten mit den Bevöl-
kerungen der Hauptstädte in eine Verbindung, wodurch die Aussicht auf
Begründung von Verfassungen und auf Wiederkehr des Friedens in
weiteste Ferne gerückt wurde. Dabei schien die östreichische Monarchie
auseinanderfallen zu wollen, da zu derselben Zeit, wo ihre italienischen
Länder verloren zu gehen drohten, Böhmen und Ungarn das Ziel der
Absonderung immer deutlicher verfolgten. In gleicher Weise hatte
Preußen den Aufstand der polnischen Bevölkerung der Provinz Po-
sen zu bekämpfen. Während dieses Alles vorging, machten sich aber
auch Forderungen geltend, welche auf Beseitigung der in Leitung
der Gesammtangelegenheiten Deutschlands hervorgetretenen Uebelstände
gerichtet waren. Eine Versammlung von Abgeordneten, die in allen
deutschen Staaten gewählt waren, sollte in Frankfurt eine Ver-
fassung für das gesammte Deutschland schaffen. Es war vor Allem eine
größere Einheit, welche herbeigeführt werden sollte. Mit den Einheits-
bestrebungen verbanden sich aber theils innerhalb, theils außerhalb jener
Versammlung Bestrebungen zu Vernichtung der fürstlichen Gewalt. Bald
trat auch das Bedürfniß hervor, schon vor Begründung einer neuen
Bundesgewalt eine vorläufige Behörde einzusetzen, damit auch während
der Verfassungsarbeit Deutschland als Ganzes der Leitung und Ver-
tretung nicht entbehre. Hierzu ward am 29. Juni 1848 der Erz-
herzog Johann von Oestreich ausersehen, der sein Amt unter dem Na-
men eines Reichsverwesers antrat, und dessen Anerkennung die letzte
Handlung des Bundestages war. Unsicher und unbestimmt, wie das Ver-
hältniß der Frankfurter Versammlung zu denen von Wien und Berlin,
mußte auch das Verhältniß der für Deutschland neu geschaffenen Behörde
zu den Fürsten Deutschlands sein, zumal jene Behörde auch der Frankfur-
ter Versammlung gegenüber ihre Stellung erst zu finden hatte. Wäh-
rend so Deutschlands Verhältnisse in ärgster Verwirrung lagen, war