1861 -
Leipzig
: Teubner
- Autor: Dietsch, Rudolf
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Römische Antike
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
22
Numa Pompilius. Die römische Religion.
Stammen der König zu wählen sei, — so gehen sie auch über die Art, wie
dasselbe und namentlich die Verwaltung des Staats geübt worden sei, aus-
einander *). Gewählt ward endlich der Sabiner ans Cures, des T. Tatius
Schwiegersohn, Numa Pompilius. Legt schon der ganz undenkbare Um-
stand, daß ein Nichtbürger zum König Roms bestellt worden sei, die gänzliche
historische Unhaltbarkeit der Überlieferung dar, so beweisen die Widersprüche
in der Bestimmung seines Zeitalters^, der mit der vorhergegangenen und der
folgenden Regierung im schneidendsten Contraste stehende Charakter seines
Waltens, endlich sein vertrautes Verhältnis zur Göttin Egeria, daß wir in
ihm eine mythische Personification^) für die Ordnung des religiösen Wesens
in Rom zu erkennen haben. Seine Regierung wird gewöhnlich zu 43 Jahren
(715 — 672) angegebenü-
2. Von ihm wird berichtet, daß er wärend seiner ganzen Regierung keinen
Krieg geführt und die Nachbarn wie durch die Heiligkeit des Königs gebannt
sich jedes Angriffs auf das neue Volk freiwillig enthalten hätten. In bürger-
licher Hinsicht muß man nach religiösen Einrichtungen, die er getroffen haben
soll, ihm die Ordnung des Grundbesitzes, eben so die Abgrenzung der Felder,
wie die Eintheilung der Stadt in viel, pagi u. s. w. zuschreiben^). Allgemein
wird ihm die Veränderung des bis dahin gebrauchten Jahrs von 304 Tagen mit
10 Monaten in eins von 355 Tagen in 12 Monaten mit einem (alle zwei Jahre?)
einzuschaltenden (Llei-oeclonius) beigelegt ^). Das bei weitem bedeutendste Werk,
zu dessen Urheber ihn die Überlieferung gemacht, ist das römische Reli-
gio n s w e se n.
3. Wie alle heidnischen Religionen hat auch die römische im Laufe der
Zeit Umwandlungen in der Auffaßung und Aufnahme neuer und fremder Ele-
mente erfahren. Wir würden kaum im Stande sein über den ältesten Kern der-
selben auch nur Vermutungen aufzustellen, wenn nicht viele Legenden und
Glaubensformen auf dem Lande sich erhalten hätten und im Staate viele Kul-
tusformen noch immer mit Treue festgehalten worden wären, nachdem längst
das religiöse Bewußtsein der gebildeten eine wesentliche Umwandlung erfahren
und die klare Kenntnis des ursprünglichen sich verloren hatte. Durch diese
Spuren sind wir im Stande eine einfache Naturreligion, Verehrung der Kräfte
der Natur, namentlich der zeugenden und befruchtenden, als uraltes Gemeingut
aller italischer Stämme und eine Übereinstimmung derselben mit dem bei allen
arischen Volksstämmen ursprünglich einheimischen Götzenglauben und Götzen-
dienst zu erkennen7). Doch entwickelte sich der Glaube von der gemeinsamen
1) Liv. 1 17, der. da er nur 100 Senatoren kennt, wol keinen Beweis dafür
geben kann, daß die Raumes noch vor den Tities im Senat Vorrecht gehabt; vioa^s.
Ii 57. Plut. Num. 2. — 2) Machte man ihn doch zu einem Schiller des Pythago-
ras. — 3) Sie kann sich trotzdem an eine bestimmte Überlieferung angelehnt haben.
— 4) Cic. de rep. Ii 14, 27 gibt nur 39 Jahre. — 5) Oie. de rep. Ii 14, 26. —
6) Liv. I 19. Ovid. Fast. I 27 ff. n. Iii 151 ff. Das Jahr von 304 Tagen kann
schwerlich jemals eine wirkliche praktische Bedeutung rmd Durchführung gehabt haben
(Preller Myth. 142), aber dem Ordner des Religionswesens mnste natürlich auch
die des Kalenders, der für jenes die höchste Bedeutung hatte, zngeschrieben werden.
Der Martins war der erste Monat des Jahres, vom 5. an bis zum 10. wurden
sie nach der Zahl benannt, der eilfte war der Januarius, der zwölfte und letzte der
Februarius. Mit der Verlegung des Amtsantritts der Consuln auf beu 1. Januar
im Jahre 153 wurde auch der Beginn des Jahres mit diesem Tage angenommen, die
Namen aber trotz der veränderten Stellung der Monate beibehalten. So sind sie auch
auf die germanischen Völker übergegangen. Der erste Tag des Monats (der Neu-
mond) hieß ealcndae, der Vollmond idns, das erste Viertel nonae. — 7) Außer dem
Seite 15 Anm. 1 angeführten sind die zahlreichen Nachwcisnngeu Prellers von Ge-