1864 -
Leipzig
: Teubner
- Autor: Dietsch, Rudolf
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Selbstunterricht
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Aetius und Bonifacius. Die Vandalen in Afrika.
er ja hoffen. Der oströmische Hof hatte 'sich um das weströmische Reich gar
nicht bekümmert; jetzt aber, da von den Persern ein nicht unehrenvoller Friede
erreicht worden war, erweckten der Pkacidia Bitten das Gefühl der Zusammen-
gehörigkeit und energisches Handeln gegen den Thronräuber. Wärend der
Feldherr Ardaburius mit dem Fußvolk in Dalmatien sich einschiffte, führte
dessen S. Aspar die Reiterei zu Lande nach Italien, so geschickt, daß Aqui-
leia durch Überraschung gewonnen ward. Dagegen ward die Flotte vom Sturm
zerstreut und Ardaburius gefangen. Dieser benützte aber seine Anwesenheit
in Ravenna die Truppen für Placidia zu gewinnen und als nun Aspar, von
einem Hirten durch die Sümpfe geführt, vor den Thron anlangte, fand er sie
offen. Johannes ward nach grausamer Marterung in Aguileia enthauptet.
Plaeidia's 7jähriger S. Valentinianus Iii (425 — 455) nahm den Kaiser-
thron ein. Zum Lohn empsieng Ostrom das westliche Jllyricum (Dalmatien,
Pannonien und Noricum). Die später vollzogne Vermälung des jungen
Kaisers mit Theodosius Ii Tochter Eudoxia sollte die freundschaftliche Verbin-
dung der beiden Reiche befestigen.
Aetius und Bonifacius. Die Vandalen in Afrika.
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1. Placidia führte für ihren Sohn fünfundzwanzig Jahr lang die
Regierung und man gab ihr Schuld, daß sie, um zu herfchen, in jenem ab-
sichtlich jedes männliche, geschweige denn kaiserliche Gefühl erstickt habe.
Roch drohte der neuen Regierung eine ernste Gefahr, als der von Johannes
ausgesandte Aetius mit einem starken besonders aus Hunnen geworbnen
Heer herannahte. Indes mit Geldopfern wurde der Rückzug der wilden
Krieger erkauft, als der Führer sich bereitwillig finden ließ in Plaeidia's Dienst
zu treten. Aetius vereinte mit der Thatkraft vom Volke seines Vaters,
des gotischen Feldherrn Gaudentius, die römische Gesittung und Bildung,
welche feine Mutter auf ihn vererbt hatte. Durch scharfsinniges Erkennen der
Zeitlage, kluge Benützung der Umstände, unermüdliche Ausführung der ge-
fassten Pläne fristete er das Römerreich und rettete die Welt vor dem Unter-
gang in Barbarei. Freilich nicht immer vertrug sich sein Handeln mit den
Gesetzen der Sittlichkeit. Bekannt damit, daß eine altrömische Partei den
fremdem Bürt entsproffnen Männern des Staats und Kriegs entgegenarbeitete,
muste er nebenbuhlerischen Einstuß für immer zu beseitigen suchen. Solchen
hatte er von Bonifacius, dem eben so tapfern, wie getreuen, frommen und
redlichen Statthalter Afrika's, zu fürchten. Hinterlistig verdächtigte er ihn
bei Placidia, wärend er ihm selbst Argwohn und Furcht vor dem Hof ein-
zuflößen wüste. Das Resultat der Jntriguen war, daß der Gegner zur offnen
Empörung getrieben ward und sich nach auswärtigem Beistand rnnsah.
2. Die Vandalen waren aus Galläcien wieder hervorgebrochcn, hatten
unter König Gunderich über ein römisches und gotisches Heer einen glän-
zenden Sieg erfochten und sich der ganzen Bätica mit Einschluß der wichtigen
Hafenstadt Carthagena bemächtigt. Nach Gunderichs Tod trat sein Halbbruder
Geiserich an diespitzedes Volks, ein Mann von'der ungezähmten Wildheit
eines Barbaren, aber auch von einer Verschlossenheit und Schlauheit, welche
alle Verhältnisse überblickte und durchschaute und aus ihnen Vorteil zu ziehn
wüste. Ihm und seinem Leutesüchtigen Volke kam nichts erwünschter, als daß
Bonifacius seinen Beistand für die beabsichtigte Empörung anrief. Noch trieb
er den suebischen König Hermannrich, der ihn beunruhigte, zurück, dann