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1. Die Zeit von Karl dem Großen bis zu den Kreuzzügen - S. 72

1866 - Leipzig : Teubner
72 Die Kirche des Abendlands seit Karls des Gr. Tod. sie von weltlichen Gerichten unabhängig machten, aber auch die Möglichkeit einer Verurteilung durch von den Metropoliten geleitete Provinzialsynoden — ein häufig zur Verfolgung politischer Zwecke gemisbrauchtes Mittel — erschwerten, endlich die Verwaltung der Bistümer durch Stellvertreter (Chor- bischöfe) i), welche die Gewalthaber so oft zur Ausbeutung der Einkünfte benützt hatten, abschnitten? Offenbar konnte die Unabhängigkeit der Bischöfe innerhalb der Kirche nur dadurch gewart werden, wenn ihnen gegen nach- teilige Synodalbeschlüße die Appellation an das Haupt zustand, also die schon längst gehegte Idee von der absoluten Herschaft des Papstes über die gesamte katholische Kirche praktische Durchführung fand. Andrerseits konnte man für die die angegebnen Absichten einführenden Satzungen bei dem her- schenden Geiste der Zeit nur dann auf schnelle und allgemeine Anerkennung rechnen, wenn sie als der Kirche längst eigen und schon früher in Anwendung gebracht dargestellt wurden. So griff denn um 850 die fränkische Geistlichkeit zu einem Betrug, indem unter dem Namen des Jsidorus von Sevilla wol hier und da mit ächten Bruchstücken vermischte, zum größten Teil aber ver- fälschte und selbst erfnndne Entscheidungen älterer Päpste (pse udoi si- tz ori sch e Decretalen)-) znsammengestellt wurden, welche die gewünschten Satzungen des Kirchenrechts enthielten. Trotzdem daß sie den Betrug voll- ständig durchschauten, machten doch alle Gewalten der Kirche davon ungescheuten Gebrauch, weil sie die Satzungen für so notwendige Consequenzen der in der Kirche liegenden Ideen erkannten, daß man darüber die Zweifelhaf- tigkeit, ja Falschheit der Belege gar nicht in Anschlag bringen zu dürfen glaubte^). 1 1) Die älteste Kirche hatte in den Chorbisch'öfen eine sehr heilsame Einrichtung. Sie waren bestimmt, des Bischofs Stelle vertretend, die zerstreuten und fernen Gemeinden zrr besnchen mrd mit den Sacramenten zu versehen (daher der Name Xmpcnlcxoncn, Landbischöfe). Die Missionssprengel konnten derselben ailch nicht entraten. Aber in der fränkischen Kirche war ein doppelter Misbranch eingerissen, indem einmal viele Bischöfe solchen Stellvertretern die Ausübung ihrer Pflichten überließen, um ungestört andern, häufig ganz ungeistlichen Beschäftigungen nach- zugehen, sodann aber Machthaber hänfig die Bistümer selbst länger unbesetzt ließen, um wärend Chorbischöfe das Amt verwalteten, die Einkünfte zu genießen. Baur Kirchengcsch. des Mittelalters S. 100. — 2) Von den Ii 1. S. 200 Anne. 5. erwähnten Decretalen ward in Spanien um 635 eine Recension in Umlauf gesetzt, welche man dem berühmten gelehrten Erzbisch. Jsidorus von Sevilla znschrieb. Sie fand in der Kirche allgemeine Anerkennung und die neuen Decretalen sollten als ein noch nicht in die Öffentlichkeit gelangter, von Jsidorus selbst znsammengestellter Teil erscheinen. Die ersten Spuren von ihrem Vorhandensein oder doch dein Vorhaben ihrer Heraus- gabe finden sich 853 iu den Verhandlungen der Synode zu Soissons, bestimntt werden sie ailgeführt iu denen der Synode zu Qnierzy 857 (Banr a. a. O. S. 111 Anm.). Daß die Streitigkeiten wegen Ebbo's und der von ihm geweihten Priester die Veranlaßnng gegeben haben und demnach der Betrllg der Geistlichkeit des reimser Erzbistums zllr Last fällt, kann jetzt nicht mehr als ausgemacht gelten (Baur a. a. O. Dümml. S. 222 n. 248. 11 68). Wenn aber auch ans den Bestimmungen über den Primat und die Chor- bischöfe zll schließeil ist, daß der Erzbischof Hinkmar von Reims einen Anteil an der Verbreitung gehabt hat (Dünlml. S. 379), so kann man doch um des unten 2 Anm. zu erwähnenden willen nicht zugcbeil, daß die,Zusammenstellung und Redaction von ihm vollzogen oder ilur überwacht worden sei. Übrigens beweisen die Capitnla- riensamnililng des Mainzer Diaconlis Bciledict (vor 847 iiilter Teilnahme des Erzbisch. Otgar unternommen. (Dümml. S. 239) und die Capitol des Bisch. Angil- ram voll Metz, daß auch außerhalb des reimser Sprengels in der fränkischen Kirche dasselbe Bedürfnis, welches die psendoisidorischen Decretalen erzeugte, vorhanden war. Beide sind in beit lctztcrn benützt. — 3) Wichtig ist, was Bailr a. a. O. S. 113 f. beibringt über die Stellung, welche Nicolans 1 zu den ihm wahrscheinlich erst 864 durch Bisch. Rothad bekanilt gewordneil psendoisidorischen Decretalen einnimmt.
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