1866 -
Leipzig
: Teubner
- Autor: Dietsch, Rudolf
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Selbstunterricht
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Die letzten Karolinger — 987.
Nach Giselbrechts Tod floh Gerberga, dessen Witwe, Otto's I Schwester,
nach Frankreich und Lndwig bot ihr um so freudiger Hand und Thron, weil
er von ihrer Vermittlung ein beßres Verhältnis zu jenem und zu Hugo von
Francien hoffte. Wie er sich in dieser Hoffnung getäuscht hatte, wie Otto
zuerst die Antastung seines Rechts auf Lothringen und die Unterstützung seiner
empörten Vassallen durch die Waffen rächte, dann aber 942 einen Frieden
vermittelte, s. § 101, 7. Um so eifriger ans Vermehrung seiner Macht
bedacht, suchte Ludwig, nachdem 942 der Herzog von der Normandie Wil-
helm I Langschwerdt durch den Grafen Arnulf von Flandern ermordet
worden war, seines immündigen Sohnes Richards I sich zu bemächtigen,
bewog auch die aufständigen Normannen durch Versprechungen ihm die
Erziehung zu übertragen, und von neuem brachte er Hugo von Francien in
die Waffen, indem er nach dem Tode Heriberts von Vermandois dessen Söhnen,
jenes Neffen, ihre Güter zu entziehn versuchte. Die vielfachen Winkelzüge
und listigen Verhandlungen führten dennoch nur dahin, daß er von den Nor-
mannen gefangen und an Hugo von Francien ausgeliefert ward. Durch sein
Einschreiten brachte Otto I das Königtum seines Schwagers zu Ehren und
gewann für sich, wenn auch keine förmliche Hoheit, doch eine schiedsrichter-
liche Auctorität über Frankreich (§ 101, 7). König Ludwig vermochte sogar
die Südfranzosen, indem er den.großen gewünschte Verleihungen gewärte,
sich zu unterwerfen, aber als eben die Ungern zum letztenmal seines Landes
Gefilde heimsuchten, starb er in Folge eines Sturzes vom Pferde Sept. 954.
5. Gerberga's und ihres Bruders, des mit der Verwaltung von Loth-
ringen beauftragten Erzbischofs Brun, Vermittlung gelang die Großen
dahin zu bewegen, daß sie mit Übergehung des erst ein Jahr alten Bruders
Karl den 13j. Sohn Ludwigs Iv Lothar (954 — 86) zum König wähl-
ten '). Der Preis, den Hugo von Francien zugesagt erhalten, ward zum
einen Teil durch die Übergabe des Herzogtums Burgund sofort bezahlt, der
andre Teil aber, die Abtretung des Herzogtums Aquitanien, ließ sich nicht
sofort erfüllen, da dessen Inhaber Wilhelm von Poitou entschloßnen und
nicht unglücklichen Widerstand leistetete, ja die Sache unterblieb gänzlich,
da Hugo 956 starb. Die Macht dieses das Königtum schon längst in Schatten
stellenden Fürstenhauses zu vermindern, erwarb sich Gerberga durch förmliche
Verzichtleistung auf Lothringen deutschen Beistand, und Brun erwirkte
die Teilung, nach welcher der älteste S. Hugo, beigenannt Cap et'),
Francien nebst den Grafschaften Paris und Orleans, der zweite Otlo
Burgun dh erhielt. Seine Vermälnng mit Emma, der Kaiserin Adelheid
Tochter aus erster Ehe, sicherte dein an Thatkraft und Kühnheit seinem Vater
nicht nachstehenden Lothar das Einvernehmen mit Deutschland so, daß er die
Macht des Königtums gewaltsam zu mehren trachtete. Zwar gelang ihm
die Erwerbung der Normandie nicht, er mnste vielmehr dem Herzog Richard
den erblichen Besitz belaßen, aber den Grafen Arnulf den jüngern voll
Flandern zwang er ans einen Teil der Lehen seines 964 gestorbnen gleich-
namigen Großvaters zu verzichten. Ungern hat er es gewis nicht gesehen,
daß sein Bruder Karl und andere Große die gegen Otto Ii kämpfenden Loth-
ringer unterstützten, ja als der Kaiser in der Verleihung Niederlothringens
an Karl eine Beilegung der Wirren für immer suchte, machte er den Versuch 1
1) S. § 102, 6 insbes. letzte Anm. — 2) Dieser Beiname leitet sich von dem
geistlichen Kleid, eappa, ab, welches Hugo als Laienabt von Tours zu tragen
pflegte. — 3) Nach Otto's kinderlosem Tod 965 erhielt Burgund der dritte Bruder
Heinrich.