1866 -
Leipzig
: Teubner
- Autor: Dietsch, Rudolf
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Selbstunterricht
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Die normannische Eroberung.
drade von Norwegen begleitete ihn mit einem Heere, als er im Norden
Englands landete. Die große Schlacht bei Siamfordbridge am Fl.
Derwent 25. Sept. 1066 brachte den Engländern glänzenden Sieg, doch der
Früchte sollten sie und Harald nicht genießen. Im Süden stand schon ein
noch gewaltigerer Feind.
Die normannische Crodernng.
11. Auf das Versprechen der Nachfolge, welches ihm angeblich Edu-
ard Iii gemacht hatte, vermochte Wilhelm der Bastard, Herzog von
der Normandie, um so weniger ein Recht zu begründen, als auf dem
Todesbette eine andere Verfügung zu Gunsten Haralds erfolgt und durch die
Wahl und Krönung gültig erklärt worden war. Auch erkannte er, wie seiner
Eroberungslust kein gutes Recht zur Seite stehe, selbst dadurch an, daß er
sich ein anscheinend begründeteres durch den Papst zu verschaffen wüste.
Neben dem Wunsch die wenn auch gehorsame, doch noch immer nicht jede
Selbständigkeit aufgebende angelsächsische Kirche in die strengste Abhängigkeit
von den römischen Satzungen zu bringen, war es die Hoffnung dem Statt-
halter Christi das höchste Entscheidungsrecht auch in weltlichen Dingen zuer-
kannt und durchgesetzt zu sehn, und für den Fall sogar militärische Hiilfe zu
gewinnen, welche, zumal Harald nichts dagegen that, Alexander Ii oder
den seine Schritte lenkenden Hildebrand bewog, Wilhelm durch Übersen-
dung einer geweihten Fahne und eine» Rings die göttliche und päpstliche
Belehnung mit England zu erteilen. Nicht allein der allgemeine Mangel
liefern politischen Blicks in die Zukunft, sondern auch die innern Zustände
Deutschlands und Frankreichs hinderten die dortigen Herscher einem Nnter-
nehinen entgegeuzutreten, dessen Gelingen namentlich für das letztre Land die
Ursache langer und schwerer Kämpfe werden sollte. Nachdem er seine Vassallen
für den Zug über das Meer gewonnen, landete Wilhelm mit ung. 60000 M.
(29. Sept.) 1066 in kn Häfen von Pensevey und Hastingsh und befestigte
ein Lager, von wo er die Umgegend verwüstete. Mit Sturmesschnelle eilte
Harald aus dem Norden herbei, aber die Schlacht bei Hastings (oder
Senlac) am 14. Oet. kostete ihm Sieg und Leben. Trotzdem hätten die
Angelsachsen noch erfolgreichen Widerstand leisten können, wenn nicht die
durch den Kampf bei Stamfordbridge unterdrückte, aber nicht versöhnte
Uneinigkeit jede Gemeinsamkeit in den Maßregeln verhindert hätte-). Nach-
dem der stürmischen Tapferkeit der durch das Beispiel ihres Herzogs begei-
sterten Normannen das feste Dover und die Plätze im Südosten sich anf-
gethan hatten, verschaffte sich Wilhelm, indem er sich am Weihnachtsfest in
London, welche Stadt ebenfalls den anfangs zu fürchtenden Widerstand auf-
gab, zum König krönen ließ (1066 — 87), einen ebenso von den Angel-
sachsen wie von seinen Normannen anerkannten Nechtstitel. Obgleich die
Zügellosigkeit seiner nur auf Bereicherung und Genuß bedachten, durch die
Erteilung von Gütern und Beamtungen schwer zufrieden zu stellenden Krieger 1
1) Bekannt ist die Geistesgegenwart, mit welcher Wilhelm der Eroberer, als
er beim Landen stolpernd siel, das böse Anzeichen in ein günstiges verwandelte durch
den Ausruf: 'bei Gottes Glanz, ich habe mit den Händen von dem Lande Besitz
ergriffen: mir kann es nicht wieder geraubt werden: ganz ist es unser'. Daß er
die Schisse abtakeln und aufs Land ziehn ließ, ist auch ein Zeugnis für seine krie-
gerische Entschloßenheit. — 2) Der Versuch den jungen Ätheling Eadgar in London
zum König zu wählen ward die Ursache zu neuem Zwist und Verrat. 1072 fiel der
unglückliche in Gefangenschaft.