1848 -
Dresden
: Adler und Dietze
- Autor: Petermann, Karl
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
12
erhielt Böhmen einen kaiserlichen Statthalter, Maximilian reiste wieder
nach München, sein Feldherr Tilly blieb aber mit einem Theile des
Heeres in Prag zurück.— In Wien und Rom frohlockte man vor Freude
und Maximilians Ruhm wurde vom Papste und Kaiser bis in den Him-
mel erhoben. Fast unter allen Protestanten zeigte sich Schrecken und
Verwirrung; nirgends nahm man ernstlichen Widerstand wahr und so
wagte es der Kaiser sogar, über Friedrich und die mit ihm verbündeten
Fürsten die Acht auszusprechen, ohne doch vorher die Kurfürsten gehört
zu haben. Dies war ein Gewaltstreich, den zwar die meisten mit einem
tiefen Ach! begleiteten, der aber ihr Zagen nur vergrößerte. Nirgends
zeigte sich ein Freund, welcher entschieden für den unglücklichen Friedrich
in die Schranken getreten ware. Jeder suchte das Seine, mochte es dem
Nächsten gehen wie es wolle.
Ohne Etwas thun zu können, mußte es Friedrich ruhig geschehen
lasten, daß die Spanier in Kurpfalz einsielen, ihre Winterquartiere hier
nahmen und das Land aussogen und verwüsteten. Die Unirten konnten
helfen, aber es geschah nicht viel. Sie wünschten dem Kaiser Glück zu
dem Siege und da sie endlich doch den Verwüstungen der Spanier Einhalt
thun wollten, entschuldigten sie sich sogar bei dem Kaiser und setzten
demüthig hinzu, daß dies nicht ihm, sondern den Spaniern gegolten habe.
Die Union, die Großes auszuführen im Stande gewesen wäre, löste sich
1620 auf. Wohin man blickte, stieß man auf Zittern und Zagen, auf
Wankelmuth und Abfall vom Glauben der Vater.
Ungescheut behandelte ferner der Kaiser Böhmen nach Willkür als
ein erobertes Land. Zwar ließ er seinem Zorne nicht augenblicklich freien
Lauf, sondern verzog drei Monate, um die Gemüther sicher zu machen und
die Geflüchteten zur Rückkehr zu bewegen. Wirklich gelang ihm auch diese
List und Mancher kehrte mit der Hoffnung in's theure Vaterland zurück,
das Vergangene sei vergesten. Unerwartet aber brach ein furchtbares
Ungewitter über das sicher gewordene Land herein. So ließ der Kaiser
nur allein in Prag 48 der angesehensten Einwohner, die sich unter Fried-
rich durch Wort und That ausgezeichnet hatten, verhaften, vor ein Gericht
ziehen und 24 durch das Schwert und 3 durch den Strang hinrichten.
Zwölf Köpfe und 4 abgehauene Hände wurden auf den Thoren und
Brücken und 2 Leichname auf den Straßen aufgestellt. Blutdürstende
Dragoner durchzogen das Land und wer nicht in die katholische Kirche zu-
rückkehren wollte, wurde ohne Barmherzigkeit niedergestoßen. Tausende
von Familien verloren Hab und Gut; die eingezogenen Güter überstiegen
die Summe von 5 Mill. Thalern. 30,000 Familien, die man aber vor-
her an den Bettelstab zu bringen suchte, wunderten aus und fanden in
Sachsen und Brandenburg ihr zweites Vaterland.
Die Jesuiten und Mönche erkannten bald, daß Böhmen ein reiches
Feld für ihre Thatigkeit sei. Wie Heuschrecken überschwemmten sie das
Land, um die Evangelischen durch Zureden, Versprechungen und Droh-
ungen zumabfall von ihrer Kirche zu bewegen. Spottend riefen sie den
Auswanderern nach: „Wo wollt ihr hin! Des Papstes und des Kaisers