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1. Bilder aus der schleswig-holsteinischen Geschichte - S. 3

1866 - Schleswig : Schulbuchh. Heiberg
I 3 die Uebereinstimmung in der Thierwelt und uralte Sagen verbürgen den Zu- sammenhang beider Länder. Hing aber England mit Frankreich zusammen, so war die Nordsee einst ein großer Meerbusen, in den die Fluth vom Nor- den her eintrat. Für diese Annahme sprechen noch folgende Thatsachen": Erstlich bilden sich Marschen am ersten da, wo das Wasser am ruhigsten ist; die holländischen Marschen sind die ältesten; folglich muß dort in alten Zei- ten, als sie sich bildeten, sehr ruhiges Wasser gewesen sein, ruhiger als an den übrigen Küsten der Norsee. Das konnte aber nur der Fall sein, wenn die Nordsee einst ein Busen war, an dessen Spitze die holländische Küste lag. Zweiteris ist es Thatsache, daß alle Flüsse dahin münden, woher ihnen die Fluth kommt; der Rhein hat in alten Zeiten bei seiner Mündung einen nörd- lichen Lauf gehabt; die Fluthwelle muß ihm also von Norden genaht sein, und das war nur so lange der Fall, als die Nordsee ein Busen war. Was mag aber den Durchbruch des Kanals zwischen England und Frank- reich veranlaßt haben? Wahrscheinlich eine große, plötzliche Senkung des Bodens und der Wassermasse der Nordsee und ihrer ehemaligen Küstengegen- den. Wahrscheinlich sind durch sie unsere friesischen Inseln vom festen Lande getrennt. Versunkene Wälder liegen an mehreren Stellen zwischen ihnen und der schleswiger Küste; bei Römöe steht z. B. ein unterseeischer Fichtenwald 9 Fuß tief unter dem gewöhnlichen Wasserstande. Das Vorkommen eines Fichtenwaldes beweist, daß die Senkung sehr alt ist; denn so weit die Ge- schichte reicht, hat unser Land keine Fichtenwälder gehabt. Natürlich muß auch das Klima damals ein kälteres gewesen sein, und das deutet wieder dar- auf hin, daß die Nordsee ihre Fluth und mit ihr vielleicht manchen Eisberg aus dem kalten Eismeer empfing, während ihr jetzt wärmeres Wasser durch den Kanal zuströmt. — Als aber nun die erwähnte Senkung der Nordsee eintrat und die Wassermenge an der nördlichen Seite der Landenge zwischen England und Frankreich plötzlich niedriger wurde, ward der Druck des atlan- tischen Oceans geg^n die Landenge so stark, daß er sie durchbrechen konnte, und die Westküste der cimbrischen Halbinsel mußte den letzten Stoß der sie- genden Wellen aushalten. Man hält dafür, daß dieses großartige Naturereigniß einige, vielleicht fünf Jahrhunderte vor Christi Geburt stattgefunden und die Cimbern und Teutonen zur Auswanderung bewogen hat, da römische und griechische Schrift- steller erzählen, daß im Norden wohnende deutsche Völkerschaften durch eine große Fluth aus ihrem Vaterlande vertrieben seien. Auch in späterer Zeit hat das Meer die Westseite unsers Landes ver- heert, bald in Inseln zerrissen, bald Inseln dem Festlande angeheftet und manchen volkreichen Ort begraben. So ward noch zur Zeit des dreißigjähri- gen Krieges die Insel Nordstrand zerrissen; die Insel Eiderstedt dagegen ist im Lauf der Zeiten eine Halbinsel geworden. So dehnt sich rechts und links von der cimbrischen Halbinsel eine graue, grollende Wüste aus, immer in fürchterlicher Beweglichkeit, immer gierig auf Tod und Untergang bedacht. Brandende Wellen zeigen ihre weißen Zähne; sie spritzen den Schaum hochauf und beißen wild in die Brust der Gestade, die ihrer Zerstörungslust ein Ziel setzen. Seltsam! Dieses wilde, trotzige, trümmergierige Meer ist wieder nicht ohne Güte gegen sein mißhandeltes Opfer; mitten in seiner wilden Zer- i*
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