1866 -
Schleswig
: Schulbuchh. Heiberg
- Autor: Dücker, Johann Friedrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Schleswig-Holstein
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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er höhnisch: „Es ziemt sich ja nicht, ein edles Weib mit einem Hunde zu
verbinden. Ich sehe wohl, wie dankbar man gegen uns ist, da man uns für
Hunde, statt für Menschen halt. Nun wohl! wenn der Hund tüchtig ist,
wird er noch tapfer um sich beißen." Er begab sich nun in fein Land zurück
und erzählte seinen Landsleuten, welche Schmach die Sachsen den Wenden
angethan hätten. „Da ist dir schon recht geschehen," antworteten ihm seine
Volksgenossen; „warum hast du dein Vaterland verlassen und bist den treu-
losen, gewinnsüchtigen Sachsen nachgelaufen?" Dennoch theilten sie die
Erbitterung über seine Schmach, und als er schwur, daß er von jetzt an
jegliche Verbindung mit den Feinden des Landes abbrechen werde und nichts
lieber thäte, als sein Volk gegen seine Unterdrücker führen, da wandten sich
ihm die Herzen feiner Landsleute freudig zu. „Nun wohl," sagten sie;
„führe uns; du kannst dich auf uns verlassen."
Mistevoi brachte jetzt schnell ein zahlreiches Kriegsheer zusammen, fiel
im Jahre 1013 in Holstein ein und verwüstete es, während Bernhard eben
in einen Aufstand wider den Kaiser verwickelt war, mit Feuer und Schwert.
Die Stadt Oldenburg in Wagrien, die volkreichste unter den Städten des
Landes, litt am meisten. Ihr Bischof Volkward entfloh nach Norwegen.
Alle Priester wurden wie Schlachtopser erwürgt; ihrer sechszig ließ man
anfangs leben, sie wurden aber zum Spott und zum schrecklichen Schauspiel
gebunden und verwundet durch alle slavischen Städte mit herum geschleppt,
bis einer nach dem andern der Marter und dem Hunger erlag. Hamburg
wurde eingeäschert und viele Geistliche und Bürger gefangen weggeführt,
der größte Theil derselben aber aus Haß gegen das Christenthum aufge-
opfert. Im Norden der Elbe blieb keine Spur des Christenthums übrig.
Darauf wandten sich die furchtbaren Schaaren nach Mecklenburg und Bran-
denburg und alle Wenden zwischen der Elbe und Oder wurden dem Christen-
thum wieder entrissen, dem sie seit langen Jahren schon zugethan waren.
Markgraf Diedrich, der durch seine unedle und übermüthige Verachtung des
wendischen Fürsten den Ländern solches Unheil zugezogen hatte, wurde vou
Land und Leuten gejagt. Er flüchtete nach Magdeburg, wo er von Almosen
sein jämmerliches Leben noch kurze Zeit fristete und im Elend starb. Mistevoi
hatte sich schrecklich gerächt, soll aber in seinen letzten Tagen diese Grausam-
keit bereut und sich wieder dem Christenthum zugewendet haben. Aus seinem
Vaterlande dieserwegen vertrieben, soll er als Flüchtling zu Bardewiek
im hohen Alter christlich verstorben fein.
Bernhard versöhnte sich jetzt mit dem Kaiser, und nun gelang es ihm
auch bald, die Wenden aufs neue zu unterwerfen. Dann begann er in Ge-
meinschaft mit dem Erzbischof die Wiederherstellung Hamburgs. Auf den
Trümmern der alten wurde die neue Stadt erbaut. Die Kirche und das
Kloster wurden vorläufig aus Holz ausgeführt, die zerstreuten Bürger und
Geistlichen wurden gesammelt und neue Einwohner herbeigerufen. Die
neue Stadt blühte bald wieder auf, so daß sich nicht nur der Herzog und der
Erzbischof häufig darin aufhielten, sondern auch Knud den Großen, den König
von Dänemark und die Fürsten der Wenden zu einer Versammlung dorthin
einladen konnten. Nicht so leicht ging es mit Oldenburg und den übrigen
Kirchen in Wagrien. Wenn auch das Volk unterworfen war, so war doch
die Abneigung gegen das Christenthum stärker, als zuvor. Der größte Theil