1866 -
Schleswig
: Schulbuchh. Heiberg
- Autor: Dücker, Johann Friedrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Schleswig-Holstein
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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Holsteiner und Stormarner auf und stellte ihm außerdem 600 Bardewieker
zur Verfügung. Buthue ging nun mit seiner kleinen, aber auserlesenen
Schaar über die Elbe und warf sich mit derselben, ohne die Hülfstruppen
abzuwarten, in das Schloß, zu Plö en. Der Hügel mit der Burg war damals
eine Insel, die nur durch eine- lange Brücke mit dem Lande zusammenhing.
Buthue fand den Ort zu seiner großen Verwunderung gänzlich unbesetzt.
Eine deutsche Frau, die er daselbst antras, rieth ihm, zu nehmen, was er
könne und schnell zu entfliehen. „Die Slaven haben den Ort geräumt,"
sprach sie, „um dich einzuschließen. Morgen werden sie dich belagern, um
dich wie in einer Falle zu sangen." Er hörte nicht auf die wohlgemeinte
Warnung, blieb mit seiner Mannschaft in der Burg und ward nun wirklich
von allen Seiten eingeschlossen. An einen Rückzug war nicht mehr zu denken;
denn aus dem See lag nicht ein einziges Fahrzeug und vor der Brücke lagerten
die Wenden. Zwar zogen zahlreiche Hülsstruppen den Belagerten zu Hülfe;
aber ein treuloser Spiou, durch den sie die Stärke und Stellung des Feindes
zu erforschen suchten, ließ sich von den Wenden bestechen; er verrieth ihnen
die Anzahl und den Aufenthalt der Hülfsvölker und entdeckte ihnen, daß
der junge Magnus, Herzog Ordulfs Sohn, der im Kriege an Muth und
Tapferkeit Keinem nachstand und den sie daher besonders fürchteten, noch
nicht die Elbe überschritten habe. Dann ließen die listigen Wenden ihn
laufen und in die Burg schleichen, als ob sie ihn gar nicht gesehen hätten.
Dem Buthue stellte er jetzt die Sache anders vor. „Ich muß dir Unheil ver-
kündigen," sagte er, „die nordelbingischen Völker sind unter einander uneins
geworden und du darfst auf Entsatz von ihrer Seite nicht mehr warten."
Dann schlich er sich leise von hinnen; durch das Lager der Wenden konnte der
Verräther natürlich ungefährdet gehen. Jetzt endlich kehrte er zu denen
zurück, die ihn entsandt hatten, um sie auf ihrem Marsche aufzuhalten.
„Buthue befindet sich wohl," sagte er ihnen, „und hat fürs Erste keine Be-
lagerung zu befürchten."
Buthue aber war nun ganz verlassen; er hatte keine Mittel zur Flucht,
keine Hülfe; ein zahlreicher Feind lagerte vor der Feste und ein ebenso
schonungsloser war.mit ihm in der Burg — der Hunger; denn es fehlte an
Lebensmitteln. Da erboten sich die Wenden, ihm und den Seinen freien
Abzug zu gewähren, wenn sie ihre Waffen abliefern und die Burg übergeben
würden. So wenig Buthue dieser Versicherung traute, so nöthigten ihn
doch seine Gefährten, die Bedingungen zur Uebergabe anzunehmen. Er
ließ sich seine besten Kleider geben, legte sie an und schritt den Seinigen
voraus. Sie gingen paarweise über die Brücke, gaben ihre Waffen ab und
wurden dem Fürsten Kruko vorgestellt. Als alle entwaffnet waren, rief
eine angesehene Frau dem Fürsten und seinem Volke zu: „Tödtet diese Leute,
die eure Weiber beleidigt haben, und rächet unsre Schmach." Da erhoben
die wendischen Krieger ein wildes Geschrei und der wortbrüchige Kruko selbst
stürzte mit seinen Leuten aus die wehrlose Schaar und machte sie nieder —
am 8. August 1071.
Das Glück blieb Kruko günstig. Das ganze slavische Land unterwarf
sich ihm; Holstein, Stormarn und Dithmarschen fühlten das Joch seiner
Knechtschaft. Das Land war mit Räubern angefüllt, welche die Christen
tödteten und gefangen nahmen. 600 holsteinische. Familien verließen