1866 -
Schleswig
: Schulbuchh. Heiberg
- Autor: Dücker, Johann Friedrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Schleswig-Holstein
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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Aus diesem Grunde sprach denn nun auch Graf Otto von Schauen-
burg, „Junker" Adolfs Sohn, nicht blos Holstein, sondern auch Schleswig
an, und dasselbe thaten die drei oldenburgischen Brüder; Christian aber
erklärte Schleswig außerdem noch für ein an das Reich heimgefallenes
Lehen. „Wäre ich nicht selber Erbe zum Herzogthum," sagte er, „so ist es
in Ermangelung eines rechten Erben mir als dem Lehnsherrn verfallen,"
und diese Rede war für die schleswigholsteinische Ritterschaft die bedrohlichste
von allen. Der König konnte irgend einen beliebigen Herrn, konnte sogar
seine eigne Gemahlin mit Schleswig belehnen, ohne die Waldemarische
Constitution zu verletzen, und Holstein, mochte es nun an die Brüder des
Königs oder an die Schauenburger fallen, wäre dann wieder von Schleswig
getrennt und selbst der Zerstückelung preisgegeben. Die Stimmen der
Ritterschaft waren getheilt: die Ranzau's waren mit ihrem Anhang für
Christian, die Pogwisch' und Brockdors's für den Schauenburger; aber
das war Allen klar, man müsse sich auf einem gemeinsamen Landtage,
wie er bisher freilich nicht vorgekommen, über einen gemeinsamen Landes-
herrn verständigen.
lieber den Vorberathungen waren seit dem Tode des Herzogs sieben
Wochen vergangen. Am 22. Januar 1460 traten die Stände beider Lande
in Neumünster zusammen, um sich über die Wahl eines Landesherrn zu
berathen. Hier erschien auch Otto von Schauenburg mit zweien seiner
Söhne und legte die Rechte seines Hauses dar. Die meisten Holsteiner er-
klärten sich für ihn; die meisten Schleswiger dagegen für Christian oder
einen seiner Brüder. Die Furcht war an beiden Seiten die Hauptlriebfeder;
Jene fürchteten, daß Otto mit Hülfe der Hansestädte die Grafschaft, Diese,
daß Christian mit seinen Dänen das Herzogthum verheeren werde. Da man
zu einer Einigung nicht gelangen konnte, so ward beschlossen, am 11. Februar
eine zweite Zusammenkunft in Rendsburg zu halten, zu welcher auch der
Rath von Hamburg und Lübeck geladen werden sollte.
Dießural fand der König nöthig, auch seine Ansprüche eigens vertreten
zu lassen. Sein Bruder Gerhard entfaltete vor dem Landtage die Rechte
der Oldenburger; von Schauenburger Seite erschien Junker Erich und ver-
trat die Rechte seines abwesenden Vaters. Hamburg und Lübeck hatten
auch Abgeordnete geschickt. Diese fanden aber nicht eine solche Aufnahme,
wie sie dieselbe erwartet hatten. Denn während die Landstände auf dem
Rathhause tagten, ließ man sie nicht zu, obwohl, wie sie recht gut wußten,
Dänemarks Abgeordnete mit drinnen waren. Erst am Schluß der Verhand-
lungen wurden sie herbeigerufen, und nun erklärten denn die Holsteiner dem
Grafen Erich in Gegenwart der Hanseaten: daß sie nicht eher einen Herrn
wählen würden, bis sie Rücksprache mit dem Könige genommen hätten.
„Der König," sagten sie, „wird am 3. März einen Tag in Ripen halten
und hat uns dahin eingeladen. Wir werden dort erscheinen, um zu hören,
was er verlangt." Es ward nun beschlossen, vierzehn Tage nach Ostern
einen Landtag in Lübeck zu halten. Dort würden der König, der Graf
von Schauenburg und die Räthe beider Lande erscheinen; von beiden Seiten
werde man da sein Recht darlegen, und wer das beste Recht habe, werde
bei den Landen bleiben. Mit diesem Beschluß ging man in Rendsburg
auseinander.