1866 -
Schleswig
: Schulbuchh. Heiberg
- Autor: Dücker, Johann Friedrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Schleswig-Holstein
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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Bald aber ward es klar, daß man nur den Schauenburger und die
Abgeordneten Hamburgs und Lübecks hatte beschwichtigen wollen; denn der
Rendsburger Beschluß wurde nicht weiter berücksichtigt. Als man am
3. März, dem ersten Sonntage in der Fasten, in Ripen mit dem Könige
zusammentraf, blieb es nicht dabei, sein Begehren zu hören; die dort
erschienenen Mitglieder der schleswigholsteinischen Stände, die sich den Land-
rath nannten, kehrten sich nicht an die Verabredung in Rendsburg und
vollzogen auf eigne Hand die Wahl, und der Bischof Nicolaus von Schleswig
verkündigte sie vom Ripener Rathhause herab mit lauter Stimme. „Der
Rath der Holsten," rief er, „hat unfern gnädigen Herrn, den König Christian
von Dänemark, zum Besten des Landes, zum Herzog von Schleswig und zum
Grafen von Holstein erwählt."
Mit tiefem Unwillen wurde die Kunde von diesem eigenmächtigen,
vertragswidrigen Vorgänge in Hamburg und Lübeck ausgenommen, und die
gleichzeitige Lübecker Chronik schickt dieser folgenschweren Handlung die un-
willigen Worte nach: „Also wurden die Holsten Dänen, verschmähten ihren
Erbherrn und gaben sich mit gutem Willen ohne Schwertschlag unter den
König von Dänemark, wogegen ihre Vorfahren manches Jahr gewesen
waren und es hinderten mit wehrhafter Hand. Denn sie führten manche
Fehde und hatten manchen Streit mit den Dänen, worin ihnen die Städte
mit großem Volk und großen Kosten behülflich waren, blos darum, daß sie
keine Dänen sein wollten. Und mancher Herr und Fürst und hochgestellter
Mann war darum im Streit geblieben, daß sie den Dänen nicht unterthan,
sondern frei fein wollten. Und das Alles hatten die Holsten zu dieser Zeit
vergessen und wurden freiwillig zu eigen; daran war die Gierigkeit der
Holsten und die Verschlagenheit der Dänen schuld. Denn der König und
sein Rath erkauften sie mit Geld und Gabe und mit mancherlei Ver-
sprechungen; denn er versprach allen Schloßhauptleuten, sie sollten lebens-
lang die Schlösser behalten. So wurden sie durch Eigennutz verblendet
und überantworteten das gemeine Gut des Landes um kleinen Gewinnst.
J'bnen ward aber nicht einmal gehalten, was ihnen versprochen war; denn
der König nahm ihnen die Schlösser in demselben Jahr und setzte andere
Leute darauf."
Jndeß war Christian nicht ohne Bedingungen in den Besitz der
Herrschaft gekommen. Der „Landrath" hatte nicht versäumt, sich von dem
neuen Landesherrn die Fortdauer der Trennung des Landes von Dänemark,
so wie auch eine freie, dem vereinigten Schleswigholstein gemeinschaftliche
Verfassung auszubedingen. Den Wahlbedingungen gemäß stellte daher
Christian I. sogleich nach seinem Regierungsantrit für sich und seine Nach-
kommen zwei wichtige Freiheitsbriefe aus, am 6. März und 5. April 1460.
Der erste Freiheitsbrief, die Wahlcapitulation vom 6. März, hat später die
Aufschrift erhalten: „Das sind der Lande Privilegien, von dem alten
König Christian besiegelt;" der zweite Freiheitsbries führt den Namen:
„Eine tapfere Verbesserung der Freiheit." In dem ersten
Freiheitsbriefe erklärt König Christian I.: „daß die Stände und Einwohner
Schleswigs und Holsteins ihn gewählt haben als einen Herzog von Schleswig,
Grafen von Holstein und Stormarn, nicht als einen König zu Dänemark,
sondern als Landesherrn von Schleswig und Holstein." In beiden Urkunden
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