1866 -
Schleswig
: Schulbuchh. Heiberg
- Autor: Dücker, Johann Friedrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Schleswig-Holstein
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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von der Vergiftung frei und erklärte, daß nach dem Gesetz nur die Thaten,
nicht die Gedanken strafbar wären. Das war natürlich dem König nicht
recht. „Hätte ich so viele Vetter und Freunde im Rath, wie der Schloß-
hauptmann," sagte er, „das Urtheil wäre schon anders gefallen; aber hätte
der Oxe auch einen Hals so dick wie ein Ochs, er sollte ihn doch missen."
Sogleich wurhen 12 Bauern aus der Umgegend ins Schloß gerufen; man
steckte vor dem Schloßthor vier Lanzen auf, welche die Thingstätte bildeten.
Die Zwölfe traten ein. Für Nichts galt das Wort der Handfeste, welches
bestimmt, daß der Edelmann nur von Edelleuten gerichtet werden solle;
für Nichts das Landrecht, welches die Bauern auf die Thingstätte, nicht
auf den Schloßhof zum Gerichte wies. Torben ward herbeigeführt, der
Schultheiß trat als Ankläger auf. Das Urtheil der Bauern lautete, wie
der Spruch von geängstigten Männern lauten kann, die zwischen zwei Feuern
stehen. „Wir richten ihn nicht, aber seine eignen Thaten richten ihn,"
erklärten sie. Vergeblich bat nun der ganze Reichsrath, vergeblich der päpst-
liche Legat, vergeblich die Königin, die Letztere sogar fußfällig, um Gnade.
Torben Ore ward öffentlich aus dem Gertrudenkirchhof enthauptet. Seitdem
war der Bruch zwischen König und Reichsrath vollendet; die Handfeste lag
in Todesnöthen, und Siegbritt war dem König unentbehrlicher als je.
Wer von den Reichsräthen noch in den Geschäften bleiben wollte, mußte sich
entschließen, ihr seine Aufwartung zu machen, wenn er auch einmal;erae
Zeitlang frierend vor ihrer Thür stehen mußte, was öfters vorkam.
Schweden war noch immer nicht wieder der Union beigetreten. Als
nun aber innere Zwistigkeiten entstanden und eine Partei mit dem Erzbischof
an der Spitze sich für die Wiederherstellung der Union erklärte, schien dem
König der paffende Zeitpunkt gekommen, mit Waffengewalt gegen den
schwedischen Reichsverweser vorzugehen, den der Papst in den Bann gethan
hatte. Der erste Feldzug 1517 lief freilich unglücklich ab; beim zweiten
aber kam er 1518 durch List und Wortbrüchigkeit in den Besitz von sechs
Geißeln, deren einer Gustav Wasa war, und im dritten endlich, 1519, in
welchem nicht nur Hülfstruppen seines Oheims, des Herzogs Friedrich,
sondern auch 2000 Franzosen für ihn fochten, erreichte er glücklich seine An-
erkennung als König von Schweden.
Am 4. November 1520, an einem Sonntage, ward er in Stockholm
feierlich gekrönt und versprach, daß Alles, was in Schweden gegen ihn und
seine Vorfahren'geschehen sei, vergessen fein und gegen Niemand Rache ge-
übt werden solle, und daß er nach den in Schweden geltenden Gesetzen und
der Union gemäß regieren wolle. Dem Krönungsaet folgte nun ein drei-
tägiges Fest, an welchem Schweden, Dänen und Deutsche Theil nahmen.
Gleich den Tag darauf, am Mittwoch, begann ein Gelag von ganz
anderer Art. Die angesehensten Schweden wurden in den großen Saal des
königlichen Schlosses beschieden. Der dänenfreundliche Erzbischof mußte die
Rolle eines Anklägers übernehmen. Christian hatte als König den Schweden
verziehen; wenn ihn aber jetzt der Vertreter der Kirche anrief, die Beleidi-
gungen zu rächen, welche dem Diener der Kirche widerfahren waren, fo war
das eine zweite Sache, und Christian, der Vollstrecker des Bannes, mußte
die Uebelthäter strafen. Und er strafte gern. Er wollte die Macht des
schwedischen Adels brechen und er wußte, daß ihm darin der dänische Reichs-