1866 -
Schleswig
: Schulbuchh. Heiberg
- Autor: Dücker, Johann Friedrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Schleswig-Holstein
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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1 Bürger übrig; in einem Dorfe nur die Frau eines Predigers, die ihren
Mann allein begraben mußte. „Viele konnten," sagte der Jesuit Balde,
„ihre Thränen nur an ihren brennenden Häusern trocknen." Die Schulen
waren fast überall eingegangen, die Eltern umgekommen, und die verwahr-
losten Kinder zogen bettelnd und stehlend im Lande umher,—unwissend
und roh wie die Thiere des Feldes, und schrieen nach Brod. Deutschland
wimmelte von Mordgesindel, Räubern und Gaunern — und dieses aus-
gesogene, verwüstete Land mußte noch, um nur die Schweden los zu werden,
5 Millionen Thaler aufbringen.
Auch Schleswigholstein war zweimal der Schauplatz dieses furchtbaren
Krieges gewesen und hatte beide Male schrecklich gelitten. Dazu waren die
beiden Fürsten durch denselben in ein gespanntes Verhältniß gekommen, weil
der Herzog beide Male Frieden geschlossen hatte, ohne dabei Rücksicht aus
den König zu nehmen. Die Verbindung Schleswigholsteins mit Deutschland
war gelockert; wie alle Reichsfürsten, so waren auch die beiden schleswig-
holsteinischen Landesherren unabhängiger vom Kaiser geworden, und Schles-
wigholsteins Schicksal war fortan abhängiger von den Schicksalen Däne-
marks als von demjenigen des deutschen Reichs; der dänische Einfluß auf
die Gestaltung der Herzogtümer ward stärker.
39. Polackenkriege.
Gustav Adolfs Tochter und Nachfolgerin in Schweden, die begabte
Christine, entsagte im Jahre 1654 ihrem Glauben und der Krone. Ihr
Nachfolger auf dem schwedischen Thron ward ihr Vetter, Gustav Adolfs
Schwestersohn, Karl Gustav, Pfalzgraf zu Zweibrücken, als König Karl X.
Gustav genannt.
Die Erziehung dieses Fürsten war in die Zeit des 30jährigen Krieges
gefallen, und sein Geist war größtentheils bei der schwedischen Armee in
Deutschland ausgebildet worden. Er war daher durch und durch Soldat,
und der Ruhm eines Feldherrn schien ihm die schönste Zierde eines Königs.
Diesem kampflustigen und kriegsgeübten Fürsten verlobte der Herzog
Friedrich Iii. von Schleswig-Holstein-Gottors seine Tochter Hedwig
Eleonora. Es bieb aber dießmal nicht, wie bei Heinrichs des Eisernen
Schwester, bei der bloßen Verlobung; die Heirath ward wirklich vollzogen.
Diese Vermählung ist ihrer Folgen wegen eine der wichtigsten in der Ge-
schichte unsers Vaterlandes; denn sie vermehrte die Spannung zwischen den
Landesherren; in Dänemark wurde sie als gefährlich für dessen Sicherheit
betrachtet, und in Schleswigholstein hoffte man in dem Schwiegersohn des
Herzogs einen Schutz gegen die dänischen Uebergriffe zu finden.
Karl Gustav beschloß nun zunächst einen Krieg gegen Polen; denn er
war der Meinung, daß Schweden seinen Einfluß in Europa, den es seinen
Waffen verdankte, auch durch den Gebrauch seiner Waffen erhalten müsse.
In den Leiden ersten Jahren war er siegreich; beim weitern Vordringen aber
nahm sich Rußland und der deutsche Kaiser der Polen an, und die Schweden
kamen hart ins Gedränge. Es ging das Gerücht, daß der Schwedenkönig
sammt seinem Heer verloren sei.
Da glaubte Christian Iv. Sohn, der dänische König Friedrich Iii.,