1866 -
Schleswig
: Schulbuchh. Heiberg
- Autor: Dücker, Johann Friedrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Schleswig-Holstein
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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ermordet, und seine Gemahlin, die nordische Semiramis, bestieg als Katha-
rina Ii. den russischen Thron.
Die Thronumwälzung in Rußland befreite Friedrich V. von der drohen-
den Gefahr; denn Katharina rief das Heer zurück, und im August verließen
auch die Dänen ihre Stellung in Mecklenburg.
Um die Kosten der Kriegsrüstung bestreiten zu können, hatte Friedrich V.
vor dem Einmarsch in Mecklenburg Hamburg besetzt und sich' von dieser
Stadt 1 Million Speciesthaler geliehen; um dieselbe abzutragen, legte er
jetzt seinem Lande eine außerordentliche Steuer auf, die so verhaßte Kopf-
steuer, welche von jeder Person nach vollendetem zwölften Lebensjahre mit
einem Thaler Courant jährlich entrichtet wurde und welche nur eine vorüber-
gehende sein sollte. Da dem Fürsten nicht das Recht zustand, ohne Be-
willigung der Stände dem Lande neue Steuern aufzulegen, so protestirte die
Ritterschaft, aber vergebens. Die Steuer ward erhoben, und zwar nicht
vorübergehend, sondern über achtzig Jahre lang.
Peter Iii. hinterließ einen achtjährigen Sohn, Paul Petrowitsch,
und Holstein-Gottorf hatte also abermals das Unglück, unter einer vormund-
schaftlichen Negierung zu stehen. Natürlich hatte die Kaiserin großen
Einfluß auf die Verhältnisse des Landes, und da war es denn wenigstens ein
Glück, daß sie für Holstein eine besondere Vorliebe hatte. Ihre Mutter, die
Schwester des Königs Adolf Friedrich von Schweden, hatte auf dem Gute
Neudorf bei Lütjenburg gewohnt, und Katharina hatte hier die Tage ihrer
ersten Jugend verlebt. Dieser Vorliebe mag es auch zuzuschreiben sein, daß
sie das Schloß in Kiel durch den berühmten Baumeister Sonn in aus
Hamburg neu aufbauen ließ. Das Schloßgebäude war übrigens auch so
schadhaft, daß es ohne Lebensgefahr nicht mehr bewohnt werden konnte.
Auch die verfallene, -hundertjährige Universität ward neu erbaut und am
1. October 1768 durch den Bischof Friedrich August, der zugleich Statthalter
des Landes war, feierlich eingeweiht. Ein Observatorium, eine Reitbahn
wurden neu aufgebaut, aus der großfürstlichen Kammerkasse jährlich 2000
Thaler für die Universität bewilligt. Der Geheimrath Saldern, der bei der
Kaiserin in großer Gunst stand, war eifrig bemüht, die Verfassung des Landes
zu verbessern; er war es auch, der in Kopenhagen auswirkte, daß allen Schles-
wigholsteinern, die studirten, vorgeschrieben wurde, wenigstens zwei Jahre
die Kieler Universität zu besuchen (das sog. Biennium). Diese Verfügung
hat nicht bloß der Universität genützt, sondern auch dem Lande, das durch
dieselbe vor der Anstellung von Ausländern bewahrt wurde.
Das Geschäft des Austausches wurde von Katharina begünstigt, und
es kam ein vorläufiger Vertrag zu Stande, bevor der Großfürst Paul noch
mündig geworden war. Bei dem Abschluß dieses Vertrages vereinigten sich
auch beide Regierungen, auf ihre Ansprüche auf Hamburg zu verzichten.
Hamburg wurde als unmittelbare freie Reichsstadt anerkannt und brauchte
nun nicht ferner jährlich Bier, Wein und Eßwaaren nach Segeberg und
Gottorf zu liefern und beim Tode eines regierenden Landesherrn zu läuten.
So ganz billig war aber die Reichsfreiheit nicht. Die Millionen, welche
Hamburg vom König, und die Drittelmillion, welche es von der groß-
fürstlichen Regierung zu fordern hatte, mußten für den Schauenburger Hof
in Hamburg und für einige Elbinseln quittirt werden.