1866 -
Schleswig
: Schulbuchh. Heiberg
- Autor: Dücker, Johann Friedrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Schleswig-Holstein
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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wurde. Trotz dieser neuen Steuern stieg die Staatsschuld in den folgenden
Jahren auf 100 Millionen. Da nun Niemand der verschwenderischen
Regierung mehr Geld leihen wollte, so ließ sie Papiergeld machen, und als
dieses das ganze Land überschwemmt hatte, machte der Staat bankerott, setzte
den Werth der Zettel, die nun in den Händen der Unterthanen waren, auf
des ursprünglichen Werth es herab und nahm zu einer neuen Steuer seine
Zuflucht, ohne weiter zu fragen. Die Regierung gründete nämlich 1813
die sog. Reichsbank, welche die ausgegebenen Zettel zu dem ermäßigten
Preise einlösen sollte. Dazu bedurfte aber die Reichsbank eines großen
Vermögens, und woher das nehmen? Der Gesammtwerth des Bodens und
der Gehäude wurde in Dänemark auf 317, in Schleswigholstein auf 237
Millionen Thaler geschätzt. Von diesem Werthemahm nun die Negierung,
ohne zu fragen, 6 Procent als Staatseigenthum iu Anspruch und verlangte,
daß es von den bisherigen Eigenthümern reichlich 30 Jahre lang mit 6-|
Procent verzinst oder sogleich ausbezahlt werden sollte. „ Wessen Haus
und Hof also etwa 10,000 Thaler Werth war, erfühl eines schönen Morgens,
daß er plötzlich dem Staat 600 Thaler schuldig geworden sei," die er
entweder unter dem Namen Bankhaft sofort bezahlen oder jährlich mit
39 Thalern Bankzinsen 30 Jahre lang verzinsen mußte. Uebrigens
wurde diese Steuer für die Herzogthümer viel drückender, als für Dänemark.
Das Stiefkind Schleswigholstein mußte sehen, wie es mit seiner Last fertig
wurde, und fand mit seinen Klagen kein Gehör; dem Schooßkinde Dänemark
aber nahm die Staatskasse £ derselben ab. Die Herzogthümer wurden auch
mit ihren Zahlungen fertig; und als sie 25 Jahre hindurch die ungerechte
Steuer entrichtet hatten und eben anfingen, auf Erlösung zu hoffen, da
behauptete die Bank, die bisherigen Beiträge aus der Staatskasse (die
Ilntcrstützungssumme für Dänemark) müßten nicht bloß so lange bezahlt
werden, bis die dänische Bankhaft getilgt sei, sondern auch noch so lange,
bis dasselbe durch dieselben Beiträge der Staatskasse mit der schleswig-
holsteinischen Bankhast der Fall sei. Sie that also, als hätten die Hepzog-
thümer noch gar Nichts bezahlt, und verlangte eine Summe von 12 Millionen
Bankthalern zweimal bezahlt. Die Herzogthümer erstaunten über die
grenzenlose Habgier; man beschwerte sich, und die Regierung schlug die
Sache nieder, ließ aber doch die Herzogthümer fast drittehalb Millionen
Courant Mark zweimal'zahlen.
Und wenn noch die Regierung mit diesen und andern Uebervortheilungen
zufrieden gewesen wäre! Aber nein, gegen das Aschenbrödel war Alles
erlaubt.
Als der Kronprinz Friedrich 1808 König wurde, hielt er es für seine
Pflicht, sich Fred er ik zu nennen; der unter Guldberg erwachte dänische
Nationalgeist hatte auch den Abkömmling eines deutschen Fürstenhauses
erfaßt. Seine Erziehung, die den Feinden seiner Familie anheimgefallen
war, war in jeder Hinsicht vernachlässigt. Richtig deutsch zu sprechen oder
zu schreiben hat er trotz seines langen Lebens und seines vielfachen Verkehrs
mit Deutschen nimmer gelernt, für das Dänische aber von Kindheit auf eine
besondere Vorliebe gehabt. Wir dürfen uns daher nicht wundern, daß 1806,
als Schleswigholstein ein unzertrennliches Glied der dänischen Monarchie
werden sollte, eine Kommission niedergesetzt wurde, um für unser Land ein