1866 -
Schleswig
: Schulbuchh. Heiberg
- Autor: Dücker, Johann Friedrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Schleswig-Holstein
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
301
51. Die Erhebung der Herzogtümer,
i.
Christian Viii. hätte zu keiner ungelegeneren Zeit sterben können. Nicht
nur, daß er sein Werk, die Gesammtstaatsverfassung, unvollendet lassen
und in die Hände eines unfähigen Sohnes legen mußte; es lagerte über-
haupt eine gcwitterschwangere Atmosphäre über ganz Europa.
Im Februar 1848 kam das Gewitter in Frankreich zum Ausbruch.
Ludwig Philipp, der König von Frankreich, wurde gezwungen, abzudanken
und nach England zu entfliehen; Frankreich ward eine Republik.
Da erhob sich auch Deutschland wie ein Mann, um von seinen Re-
gierungen die vielversprochenen Verbesserungen und Freiheiten zu erzwingen.
Freiheit der Presse, freie, volkstümliche Verfassungen, Oeffentlichkeit der
Rechtspflege, allgemeine Volksbewaffnung statt der stehenden Heere, Auf-
lösung des Bundestages, Gestaltung Deutschlands zu einem Bundesstaat
mit einer allgemeinen Volksvertretung — das waren im Allgemeinen die
Forderungen des deutschen Volks.
In den kleinern deutschen Staaten wurden die meisten dieser Forde-
rungen rasch durchgesetzt; nur Oestreich und Preußen wollten sich nicht gut-
willig dazu verstehen. Da bxach am 13. März auch in Wien die Revolution
aus; der verhaßte Minister Metternich, den man spottweise wohl den
Fürsten der Mitternacht nannte, weil er in Deutschland wie in Ungarn und
Italien Alles zu unterdrücken suchte, was die Völker zu einem freien und
glücklichen Leben bedurften, mußte abdanken und rettete nur durch eine
rasche Flucht seine eigne Freiheit. Kaiser Ferdinand bewilligte Alles, was
seine empörten Unterthanen verlangten. Jetzt kam die Reihe an Berlin.
Friedrich Wilhem Iv. folgte am 18. März freiwillig dem Beispiel des öst-
reichischen Kaisers, und voll Freude strömte das Volk nach dem Schlosse, um
dem hochherzigen Monarchen zu danken. Da fallen zwei Schüsse, und in der
Meinung, daß das Militair Befehl habe, auf die Bürger zu schießen, wurden
Barrikaden erbaut, und der Straßenkampf beginnt. Da befiehlt der König
den Rückzug der Truppen und erklärt am 21. März — gewiß mit schwerem
Herzen — öffentlich: „Preußen solle fortan in Deutschland aufgehen; er
wolle sich an die Spitze der deutschen Bewegung stellen und deren Leitung
für die Tage der Gefahr übernehmen."
Ueberall sah man jetzt die strengverpönten alten Reichsfarben: Schwarz-
Roth-Gold; „ein einiges Deutschland!" war das allgemeine Losungswort.
Der Bundestag löste sich auf; eine deutsche Nationalversammlung, vom
Volke gewählt, ward berufen, eine Centralgewalt, welche die Beschlüsse der
Versammlung vollziehen sollte, geschaffen, und Erzherzog Johann zum
vorläufigen Neichsverweser erwählt.
n.
Während diese Umwälzungen in Frankreich und Deutschland begannen,
hatten die Schleswigholsteiner ihre Augen unverwandt auf Kopenhagen ge-
richtet, wo man von Seiten der Regierung und des Volks unablässig an
ihrem Verderben arbeitete.' Die Regierung hatte den Gesammtstaat im