1866 -
Schleswig
: Schulbuchh. Heiberg
- Autor: Dücker, Johann Friedrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Schleswig-Holstein
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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Jugend hinter sich hatte, durfte nicht einmal auf ein langes Leben rechnen.
Mit ihm aber starb der Mannesstamm der altern königlichen Linie aus; in
Dänemark folgte dann der Weiberstamm, und in Schleswigholstein, wo nie
das s. g. Königsgesetz gegolten, war dann die jüngere königliche Linie zur
Thronfolge berechtigt.
Dieses Recht des Landes und der jüngern königlichen Linie zu beseitigen,
war nun Dänemarks erste Sorge. Darum wurde der ältere Zweig dieser
Linie, das Augustenburger Haus, aufs heftigste angefeindet, verleumdet,
verbannt; die Besitzungen desselben wurden mit Beschlag belegt. Sie
hätten ihr Recht, wenn sie jemals ein solches gehabt, hieß es, durch ihre
Theilnahme an der „Revolution" verwirkt.
Mit den Großmächten Europas ward nun eine Vereinbarung getroffen.
Nicht bloß in Schleswigholstein, auch in Dänemark sollte eine andere
Thronfolge eintreten. Dort sollte nicht der Mannesstamm, hier nicht der
Weiberstamm folgen; man sah sich nach einem ganz neuen Kronprinzen um.
In Dänemark wünschte man den Prinzen Christian von Glücksburg, den
einzigen seines Hauses, der im letzten Kriege auf dänischer Seite gestanden.
Aus diesen wurden nun die angeblichen Ansprüche der Gottorfer, die wirk-
lichen der Weiberlinie übertragen. Tie Großmächte vereinbarten zu L o nd on
am 8. Mai 1852 einen Traktat, daß dieser Christian von ihnen als
berechtigter Nachfolger des jetzigen Königs Friedrich Vii. anerkannt und
dadurch die „Integrität des dänischen Staats" erhalten werden solle.
Dreierlei fehlte noch, daß er werde, was er wirklich sein sollte: der
Verzicht des Augustenburger Hauses und die Zustimmung Dänemarks und
Schleswigholsteins.
Der Herzog Christian von Augustenburg ward ernstlich bedroht.
Man wolle seine Güter eiuziehen, ihn vor ein Kriegsgericht stellen u. s. w.,
Wenn er widerstrebe, hieß es, ihm aber seine Güter abkaufen, wenn er die
neue Ordnung der Thronfolge anerkenne. Von allen Seiten gedrängt,
gab er für seine Person nach, stand seine Besitzungen ab und verpflichtete
sich, Nichts gegen die Londoner Abmachungen zu unternehmen. Sein
Bruder, Prinz Friedrich von Noer, legte eine entschiedene Verwahrung
seiner Rechte ein; von den Söhnen des Herzogs ward eine Zustimmung
nicht verlangt und nicht gegeben.
Dänemarks, d. h. des Reichsraths, Zustimmung ward vollständiger
erreicht; doch nicht beim ersten Anlauf. Zwei Reichstage mußten aufgelöst
Werden; erst der dritte ergab sich am 31. Juli 1853 in die neue Ordnung
des Thronfolgegesetzes, das den Prinzen Christian von Glücksburg und seine
männlichen Nachkommen zur Herrschaft berief. Prinz Christian hieß fortan
als Kronprinz Prinz von Dänemark, bei den Schleswigholsteinern aber nur
der Protokollprinz, weil er seine Erhebung dem Londoner Protokoll.verdankte.
Den Ständen in Schleswig und Holstein wagte man das Thronfolge-
gesetz nicht vorzulegen; man war der Ablehnung gewiß. Hier glaubte man
erst noch besser aufräumen, einschüchtern, mürbe machen zu müssen. Die
Herzogtümer wurden wie eroberte Provinzen behandelt. Die schleswiger
Angelegenheiten leitete ein Däne, die holsteinischen der verhaßte Kammer-
herr Scheel. Der größte Theil der deutschen Beamten mußte aus Schleswig
Weichen, und Dänen traten an ihre Stelle, oft ganz verkommene Subjekte;