1855 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Kiesel, Karl
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
218 Die Griechen vom Ausbruche des Kampfes mit den Persern
der Belagerung von Citium und mit einem Siege, den seine Flotte
noch nach seinem Tode über eine herannahende cilicisch-phönicische Flotte
bei dem cyprischen Salamis erfocht, schließt die Reihe der Kriege, welche
Athen gegen Persien geführt hat. Daß ein förmlicher Friedensschluß
mit Persien, wie ihn Schriftsteller späterer Zeit unter dem Namen des
Cimonischen erwähnen, statt gefunden habe, ist nicht glaublich. Es kann
aber vielleicht mit den betreffenden Satrapen ein Abkommen getroffen
worden sein, nach welchem, wie es der angebliche Cimonische Friede be-
sagt haben soll, diese sich anheischig machten, kein Heer bis auf eine ge-
wisse Strecke der Küste nahen und kein Schiff seinen Lauf über Phase-
lis hinaus nehmen zu lassen.
13. Nach Cimons Tode begann für Perikles eine Zeit unbeschränk-
ten Waltens. Er gehört zu den Männern, in welchen die Bestrebungen
ihrer Zeit sich so zusammensassen, daß dieselbe gewissermaßen ihren Na-
men tragen kann. Er würde ein solcher nicht sein, wenn er bloß zur
äußeren That seine Mitbürger getrieben und geleitet hätte. Er hat
aber auch zu Allem, was die Geister seiner Zeit bewegte, eine sehr nahe
Beziehung. So wie er selbst an dem von den Griechen erworbenen
Gesammtgute der Bildung sich genährt, hat er auch die Schritte seines
Volkes zur Erhaltung, Erweiterung und Benutzung dieses Besitzes ge-
leitet. Vermöge einer zwischen ausgezeichneten Männern und ihrer
Umgebung in der Regel bestehenden Wechselwirkung hat sich das Ganze
seines Wesens zugleich unter dem Einflüsse aller in seiner Zeit wirk-
samen geistigen Kräfte gebildet und seiner Zeit, indem er durch geistige
Mittel ihre Bewegungen leitete und förderte, ihr eigenthümliches Ge-
präge zu geben beigetragen. Hierdurch wird die große Macht erklärlich,
welche er lauge Zeit, nicht auf das Ansehn eines Amtes, sondern nur
auf die Fähigkeiten seines Geistes gestützt, ausübte. Hätte er die Menge
bloß durch Berufung an ihre leicht zu weckende Leidenschaft zum Kampfe
gegen die Partei der Mäßigung zu entflammen vermocht, so würde er
das durch ihn entzündete Feuer bald nicht mehr haben verhindern können,
den Staat zu verzehren. Unersättlich hätte sich die nie ganz zu befrie-
digende Menge nach jedem Siege, um neue scheinbare Vortheile zu er-
ringen, in den Kampf mit den immer machtloser werdenden Männern
des Widerstandes gestürzt und den Urheber ihrer Bewegung als un-
brauchbar gewordenes Werkzeug bei Seite geworfen. Er wußte aber
die Bewegung, die er hervorrief zu mäßigen, weil er mit geistigen
Mitteln wirkte und die Theilnahme an geistigen Vorzügen den von ihm
Geleiteten als Ziel setzte. Aus denselben Gründen erklärt es sich auch,
daß er, der so hoch über seinem Volke stand und niedrigen Zwecken zu
dieneu so entfernt war, seinen Einfluß gebrauchte, der Verfassung eine
Gestalt zu geben, in welcher sie für die Folge zum Widerstand gegen