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1. Die vorchristliche Zeit - S. 371

1855 - Freiburg im Breisgau : Herder
und der Unterwerfung Italiens- 371 wickelten Leben des Staates ergriffen wurden. Dieses allmälige und keineswegs bloß äußerliche Anwachsen bewahrte fortwährend ein Bewußt- sein von der Bedeutung, die der Einzelne im staatlichen Leben hat und war zu gleicher Zeit Förderungsmittel und Ergebniß einer Sitte, ver- möge deren alle besonderen Bestrebungen in dem Leben des Staates aufgingen. Da jedoch nicht in den einzelnen entscheidenden Zeitpunkten dieses Ziel des römischen Staatslebens klar vor den Augen Aller lag, waren die einzelnen Theile des Weges nur mittelst heftigen Kampfes zurückzulegen und, während der Staat durch Krieg und Eroberung sich erweiterte, bestand er in dem Streite, den der Gegensatz älterer und jüngerer Ansprüche in seinem Innern erregte, schwere Proben. Daß er aber in denselben sich immer mehr befestigte, verdankte er einer der ursprünglichen Anlage und Neigung des Volkes entsprechenden, im Laufe der Zeit mit Ueberlegung gepflegten Kunst, bindende Formen zu finden und die Achtung vor denselben zu erhalten. Die ganze Grund- lage des Staates war Uebereinkunft und Beobachtung der dadurch fest- gestellten Regeln. Das Volk selbst ist nicht ein unmittelbar mit einer bestimmten Eigenthümlichkeit in die Geschichte eintretendes, sondern eine künstliche Einheit verbindet Stämme mit einer Festigkeit, wie sie nur das tiefste Bedürfniß der Einigung und die tiefste Ehrfurcht vor dem Vertrage gemeinsam Hervorbringen können. Daher ist der römische Staat eine Schule des Rechts, das er als eine Kunst und als eine Wissenschaft übt und ausbildet. In Rom erprobt es sich, welche bin- dende Kraft in den rechtlichen Formen liegt und wie weit die Kraft derselben reicht, um menschliche Ziele zu setzen und zu erreichen. Wie daher Griechenland in der Kraft, mit welcher das Leben des Einzelnen Ideen entdeckt und verwirklicht, seine Bedeutung hat, wird Rom die Lehrerin der Völker in der Kunst, die Bedingungen des gemeinschaftlichen menschlichen Daseins festzustellen und die Willkühr des Einzelnen unter die Herrschaft eines schrittweise entwickelten und vertragsmäßig festge- stellten Rechtes zu bannen. Freilich konnte dieser Dienst rechtlicher Formen nur für eine Zeitlang dem Leben einen Gehalt geben. Rom langte gleich Griechenland an einem Punkte an, wo die seinem Geiste eigenthümlichen Bestrebungen ihre Unfähigkeit, den Menschen in seinen tiefsten Bedürfnissen zu ergreifen, herauöstellten. Die Kraft, mit welcher Rom Jahrhunderte lang immer Neues nicht bloß an sich gezogen, son- dern auch mit sich verbunden hatte, mußte endlich versiegen. Die Er- gebnisse griechischer Bildung drangen, so viel sie den Einzelnen ver- sprachen und für einige Zeit auch leisteten, auflösend in das römische Leben ein und der Gang, in welchem der Staat durch Anwachsen sich zugleich verjüngte, wurde unterbrochen, als Selbstsucht die lang geach- teten Schranken durchbrach und den Kämpfen, die einer Ausgleichung 24*
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