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1. Die vorchristliche Zeit - S. 514

1855 - Freiburg im Breisgau : Herder
514 Die Römer in der Zeit der Umwälzungen und der Bürgerkriege. Horaz den Augustus auch als Wiederhersteller der Sitte rühmt, so be- zeichnet er damit ein Streben, über dessen eigentliches Ziel derselbe, in den Gebrechen und der Armuth seiner Zeit befangen, selbst nicht ganz klar sein konnte und das mit Gesetzen nicht zu erreichen war. Wie tief das sittliche Unglück, obgleich man die Mittel der Heilung so wenig als die Quelle kannte, empfunden wurde, zeigt Horaz in der Klage, daß die von aller höheren Bildung unberührten Völker, die weidend von einem Platze zum andern ziehen, oder sich in Beutezüge und Bestel- lung des Feldes abwechselnd theilen, weit glücklicher als die Römer lebten. 33. Auffallend ist es, daß eine solche Zeit die goldene Zeit der Lite- ratur genannt wird. Sie ist es aber vermöge der Ausbildung, welche die Sprache erlangt hatte, vermöge der Gewandtheit, mit welcher Stu- dium und Erfahrung mannigfacher Art in einer verfeinerten Sprache ihre Ergebnisse mit einander verflochten. Schon Cicero hatte, obgleich Spuren wuchernden Reichthums an die asiatische Beredtsamkeit erin- nern, der Sprache eine Vollendung gegeben, durch welche ein Zeitraum in ihrer Entwicklung sich abschloß. Mit gleicher Meisterschaft, wie er sie im öffentlichen Leben handhabte, lehrte er sie die Fragen der Philo- sophie erörtern und zog dadurch dem Bereiche lateinischer Darstellung die weitesten Grenzen. Zugleich und bald nachher erreichte die Ge- schichtschreibung eine hohe Stufe durch Sallust, der mit Tiefsinn und Redefülle Gemälde der zum Untergang neigenden Zeit entwarf, und durch Cäsar, der mit Klarheit, Einfachheit und Kürze seine eignen Thaten schrieb. Minder mit dem öffentlichen Leben verwachsen und von Männern des Staates getragen, beschränkt sich in der Augustischen Zeit die Literatur fast auf die Dichtung, die als einen Schmuck seiner Regierung Augustus durch Aufmunterung fördert. Es erscheint nun altgriechische und alerandrinische Dichtung in römischem Gewände, und wo eigenthümlich Römisches auftritt, lassen die Dichter entweder durch Uebereinstimmung mit ihrer Zeit oder durch Gegensatz zu derselben ein unerfreuliches Licht auf die herrschenden Zustände fallen. Dem Sinne des Augustus hätte die Pflege des Epos entsprochen, mittelst dessen auch die Stimmung zu Gunsten der neuen Ordnung befestigt werden konnte. Doch es fehlte dafür an den nöthigen Grundlagen in Ueberlieferung und Beispiel, daher Horaz aus Venusta, der in den Jahren 65 — 8 lebte, sich der Zumuthung entzog, und Virgil aus Mantua, der in den Jahren 70 —19 lebte, derselben mittelst seines Gedichtes von Aeneas' Niederlassung in Latium, ungeachtet großer Geschicklichkeit, in einer dichte- risch nicht glücklichen Weise nachkam. Das bedeutendste Werk außerhalb der Dichtung ist des Livius aus Patavium in glänzender Sprache ge- schriebene Geschichte, mit welcher die Literatur auf eine würdige Weise von der Vergangenheit Abschied nimmt.
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