1. Bd. 1
- S. 22
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Geschichte der alten Welt.
Beide haben Heerschaaren ähnlicher, nach Rangstufen getheilter Geister (Fer-
ver) unter sich (Ormuzd die Amschaspands, Ahriman die Dews mit
ihren untergeordneten Geister- und Damonenschaaren), und liegen in ewigem
Kampfe mit einander, bis am Ende der Welt der Lichtgeist den Sieg davon
tragt, worauf unter Vermittelung eines Erlösers, Sofia, das Böse ver-
schwindet und die Menschen selig werden und einen durchsichtigen Leib
erhalten. Basis des Kampfplatzes bildet ein den dualistischen Potenzen voran-
gehendes Urprinzip (Zervane Akerene), Sinnbild der ewigen Zeit und des end-
losen Raums oder nach anderer Auffassung „der leuchtende Grund", aus
dem durch die Urvernunft, das Schöpfungswort, die zwei entgegengesetzten Prin-
zips, Ormuzd und Ahriman, hervorgegangen. — Dieser von einem alten Gesetz-
geber Zoroaster(Zaratoschtro, Zerduscht) herrührende und in dem hei-
ligen Buche Zend-Avesta niedergelegte Glaube ging von den Baktriern
zu den Medern und Persern über, wo ein mächtiger Priesterstand, Ma-
gier, denselben mit einem feierlichen Cultus umhüllte. Verehrung des Licht-
gottes unter dem Bilde der Sonne und des Feuers, und Sühnung des bösen
Geistes der Finsterniß durch Opfer (eingegrabene Menschenopfer) und Gebete war
der Hauptberuf der Magier.
Ormuzd ist im Allgemeinen Schöpfer alleshvrganischen Lebens, altes positiv Guten und Reinen,
der Offenbarer der ewigen Lichtwelt, die er in die materielle Körperwelt hineinführt. Damit aber das
Eine allgemeine Leben der Individuen in eine Vielheit sich sondern kann, so erhebt sich gegen ihn
das negative Princip, Ahriman. Der schaffende Ormuzd bildet stufenweise in 6 Zeiträumen 1) das
Licht und dessen Träger, die Gestirne, 2) das Wasser, 3) das Erdreich, 4) die Gewächse, 3) aus dem
von Ahriman getödteten Urstiere die Thiere mitsammt den Heilkräutern. Hier ist Ahriman offen-
bar das Princip der Unterscheidung, der Differenz, indem die Einheit des organischen Lebens, d. i. der
Urstier, sich zu einer Vielheit von lebenden Wesen entwickelt. Ebenso wird 6) der Urmensch, an
dem Männliches und Weibliches nicht zu unterscheiden war, von Ahriman getödtet, aber darauf von
Ormuzd durch 10 Menschenpaare beiderlei Geschlechts, die aus einem Zwitterbaume hervorwuchsen,
ersetzt. Mithin gehören Ormuzd und Ahriman nothwendig zusammen. Das negative, böse Princip
soll die Einheit der sichtbaren Welt, die Ormuzd geschaffen und die als Einheit eben das Gute ist,
zu einer selbständigen Vielheit entwickeln. Dieses Gute, die ewige Wrltordnung, die Einheit der Licht-
welt, soll verwirklicht und in das Einzelne, Besondere hineingebildet werden. Daher die durchaus
praktische und sittliche Richtung der persischen Religion.
Das Ende dieser Entwicklung ist aber die Zurückführung des Gegensatzes zu seiner Einheit und
Versöhnung. Das böse Princip, das Reich der Finsternis mit seinen Schaaren wird zuletzt die Ober-
hand gewinnen und dann die Welt zu Grunde gehen. Dies aber ist zugleich der Untergang des Ahriman
selbst. Es entsteht eine neue Welt, in welcher einzig das Gesetz des Ormuzd herrscht, und selbst
Ahriman wird (nach dem Zend-Avesta) als Bekehrter in dies ewige Lichtreich des Guten zurückkehren.
3. Aethiopen und Aegypter. Die religiösen Vorstellungen der
Aethiopen in den uralten Priesterstaaten von Meroe und Ammonium
und der Aegypter im Nilthale, die mit den indischen so wie mit manchen Vor-
stellungen der semitischen Völker Aehnlichkeit haben, beruhen auf astronomischem
und astrologischem Grunde und stehen mit dem Thierkreis, mit den Plane-
ten und mit dem in Jahre und Monate, in Wochen und Tage geordneten bür-
gerlichen Leben in vielfacher Beziehung. Wie bei den Indern Brahma tritt auch
bei den Aethiopen das Urwesen Jao als unfaßbar zurück und „wird dafür unter
dem Bilde der Sonne als Osiris, Sommersonne oder Gott des Lichts und
Lebens, und als Serapis, Wintersonne oder Gott der Finsterniß und des
Todes, angebetet." Denn „der Grundgedanke der ägyptischen Religion ist der Ge-
gensatz des Lebens und des Todes. Aegypten war eine Oase in der Wüste und
dieses Gebiet des Lebens umgab ringsum Unfruchtbarkeit und Tod, die weite
Fels - und Sandflache mit ihrem glühenden Sonnenbrand, ihren verderbenbrin-
genden Stürmen." — Auch die drei Manifestationen der Sonne als Phtha,