1. Bd. 1
- S. 48
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Geschichte der alten Welt.
bald vorüber. Ein Menschenalter spater sind die Meder das herrschende
Volk, auf welche dann die Perser folgen. -
Von den chaldäischen Königen wurde Babylon mit wunderbaren Bauwerken
versehen und zur „stolzen Zierde der Chaldäer, zum weltgepriesenen Orte" gemacht.
Eine Ringmauer von 350^ Höhe und 37^ Dicke umgab die ganze, auf beiden
Ufern des Euphrats aufgebaute Stadt, der man einen Umfang von neun deut-
schen Meilen beilegt. Die zwei königlichen Paläste auf den Ufern des Fluffes
und der hohe viereckige mit Statuen, Bildwerken und Zierrath von Gold reich
geschmückte Thurm des Sonnengottes Baal oder Belus, der zugleich als Stern-
warte diente, und in acht verjüngten Stockwerken pyramidalisch zu einer Höhe
von 600 Fuß emporstieg, waren neben den erwähnten, im ganzen Alterthum ge-
priesenen hängen den Gärten die merkwürdigsten Werke. Zum Bauen be-
dienten sich die Babylonier gebrannter Ziegelsteine, die nicht wie die Gra-
nitsteine Aegyptenlands der Macht der Zeit auf Jahrtausende zu trotzen vermoch-
ten. Am ausgezeichnetsten waren die durch die Beschaffenheit des Landes hervor-
gerufenen Wasserbauten und Entwäfferungsanstalten von wunderbarer Größe und
Ausdehnung, als Brücken, Kanäle, Deiche, Dämme, Bassins u. a., die„Waffer-
bäche Babylon's," an welchen einst die aus ihrer Heimath weggeführten Juden
trauernd saßen und an Zion gedachten. — Die Pracht des Hofes weckte den Ge-
ro erb fl ei ß, der daher auch hauptsächlich auf Gegenstände des Luxus verfiel, als
seine Webereien und Färbereien, kostbare Teppiche u. dgl. Der Sonnen- und
Sternendienst führte die babylonischen Priester (Chaldäer) auf astrono-
mische Beobachtungen. Sieberechnen den Lauf der Sonne und theilten das Jahr
nach den Zeichen des Thierkreises in zwölsmonate; sie bestimmten die Bahnen der
Wandelsterne und weihten ihnen die sieben Tage der Woche; sie opferten „den Pla-
netenhäusern und dem ganzen Heere des Himmels." Da sie aber damit astrolo-
gische Auslegungen verbanden, „in den Constellationen des Himmels den Willen
der Götter erkennen wollten, aus der Stunde der Geburt das Schicksal des Lebens
vorherzusagen und aus der fortdauernd ivechselnden Stellung der Sternbilder die
paffende Zeit zum Beginne jedes Geschäftes, jedes Unternehmens zu bestimmen" sich
vermaßen, so geriethen sie aufjrrwege und trieben sich später als Gaukler, Wahr-
sager, Traumdeuter und Zauberer in der Welt herum. Auch das erste feste System
der Maß- und G e w i ch t s e i n t h e i l u n g so wie die Anfänge der Geometrie
und Arzneikunde werden den Chaldäern zugeschrieben und gingen von ihnen zu
den übrigen morgenländischen Völkern und sogar zu den Griechen über. Neben
dem Sonnengott Bel (Baal), dem Herrn des Himmels und des Lichts, der
das Weltall und den Menschen geschaffen und den Sternen ihre Bahnen gewiesen,
verehrten die Babylonier als oberste weibliche Gottheit diemondgöttin Mylitta,
das Symbol der gebärenden Natur und der Fortpflanzung, und zwar durch einen
höchst unzüchtigen Cultus, wobei die Jungfrauen des Landes der Göttin ihre
jungfräuliche Ehre zum Opfer brachten, wie denn überhaupt die Chaldäer wegen
ihrer Unsittlichkeit, Wollust und Schwelgerei berüchtigt waren. Der durch die
große Fruchtbarkeit des Bodens und den weitverbreiteten Handel erzeugte Reich-
thum trug viel zu dem Luxus und der Ueppigkeit der Babylonier bei. — Sie salb-
ten ihren Leib mit Myrrhen, trugen wollene Röcke und weiße Mäntel und lange
mit einer herabhangenden Binde umwundene Haare. Die Kasten ei nrichtung
mußte frühe einem unbeschränkten Despotismus weichen; doch blieb das Ueber-
gewicht der Priester auch später noch so merklich, daß das ganze (sowohl das
von Norden her eingewanderte, als das seit unvordenklicher Zeit in Babylonien