1. Bd. 1
- S. 105
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Die griechische Welt.
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in dem Alleinbesitz gewisser Familien, theils weil das Religionswesen, als auf der
Sitte und dem Herkommen beruhend, weniger der Wandelbarkeit unterworfen ist,
als die weltlichen Einrichtungen und Rechte des bürgerlichen und geselligen Le-
bens; theils weil einzelnen Geschlechtern gewisse Künste, Kenntnisse und Verrich-
tungen eigenthümlich waren, wie den athenischen Eumolpiden (h. 52.) die
Sehergabe, den Askl epia d en in Epidauros und Kos die Heilkunde u. dgl.m.—
Dieser auf der Geburt beruhende Herrenstand hatte Grundbesitz mit zinsbaren
Bauern und diente im Heer als Ritter oder Reisige. Im Alleinbesitz der Bil-
dung, Gesetzeskunde und Waffenübung siel es ihm nicht schwer, das an die Arbeit
gewiesene und mit Verachtung behandelte Volk (Demos) von allem Antheil am
Staatswesen auszuschließen. Erst als der zunehmende Handel und Industrie unter
dem Volke Wohlstand und Bildung verbreitete, die Eintracht und Standesgleich-
heit unter den Adelsgeschlechtern schwand, und diese das eigene Sonderinteresse
über Gesetze und Herkommen stellten und den Vortheil des Standes höher achte-
ten als das Gemeinwohl, wurde allmählich die Macht des Herrenstandes gebro-
chen.— Einsassen oder Schutzbürger ohne politische Rechte, Unfreie
(Hörige) und Sklaven aus der Fremde fanden sich in allen griechischen Städten.
Ihnen waren alle Handarbeiten zum bloßen Nutzen, so wie der Kleinhandel und
alle banausischen Geschäfte überlassen, während sich die freigebornen Hellenen nur
mit dem Kunstartigen und dem Großhandel befaßten.
7. Lykurg's Gesetzgebung und die messenischen Kriege.
§. 66. Durch die Wanderung und unter den neuen Verhältnissen waren
die alten einfachen Sitten der Dorier allmählich ausgeartet; ein unkriegeri-
scher Geist drohte einzukehren und Unordnung verwirrte die Staaten. Dies
brachte einen patriotischen Spartaner aus königlichem Geblüte, Lykurgos,
zu dem Vorsatze, durch Wiederherstellung und feste Begründung der alt-
dorischen Satzungen seiner Vaterstadt das Uebergewicht über die andern
Staaten zu verschaffen. Er begab sich daher nach der durch gute Gesetze
ausgezeichneten Insel Kreta, wo dorische Einwohner mit den ursprüng-
lichen Sitten und Einrichtungen lebten, machte sich mit den dortigen Zu-
ständen bekannt und gab dann nach seiner Rückkehr den Spartanern die
merkwürdige Verfassung, deren Grundzüge folgende sind:
a) Staats ein richtung. Die Staatsgewalt befand sich in den
Händen der Dorier, die ohne weitere Beschäftigung blos den Waffen-
übungen oblagen, Kriege führten und den Staat regierten. In Volks-
versammlungen wählten sie die Senatoren oder den Rath der
Alten (Gerusia), dem die Regierung und die Rechtspflege zustand, und
die fünf Ephoren, die anfangs nur Polizeibeamte und Richter in bürger-
lichen Sachen waren, später aber (nachdem sie mit einer staatsrichter-
lichen Aufsichtsgewalt über Bürgersitte, öffentliche Erziehung und
Amtsführung der Behörden, selbst der Geronten (Senatoren) ausgerüstet
worden) alle Macht an sich rissen und selbst die Könige zur Rechenschaft zogen.
Der Senat bestand aus 28 auf Lebenszeit gewählten Greisen von mindestens