1. Bd. 1
- S. 174
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Geschichte der alten Welt.
Thessalien und drang dann durch den Paß von Thermopylä in Pho-
kis selbst ein. Onomarchos wurde im Kampf erschlagen und als Leiche von
den Makedoniern ans Kreuz geheftet; Philomelos hatte sich schon früher
durch einen freiwilligen Sturz von einer steilen Felsenhöhe selbst den Tod
gegeben, um nicht in die Hände der Feinde zu fallen. Nach tapferm Wider-
stand mußten sich die Phoker unter den härtesten Bedingungen ergeben. Sie
wurden als Fluchbeladene aus demamphiktyonenbund gestoßen, und Philipp,
der sich das Ansehen eines Gottesstreiters gegeben und seine Soldaten mit
dem Lorbeer des pythischen Apollo bekränzt ins Feld hatte rücken lassen,
trat an ihre Stelle; ihre Städte wurden geschleift; die Einwohner wan-
derten zum Theil aus, andere wurden als Sclaven abgeführt; was zurück-
blieb ward zinspflichtig. Von nun an galt Philipp als Grieche und nahm
an dem Amphiktyonenbund und an den olympischen Festspielen Theil.
Der Krieg und der damit verbundene Tempelraub tilgte vollends alle Ehr-
furcht vor den Göttern aus den Herzen der Griechen. Goldene Gesäße und Kunst-
werke von unschätzbarem Werth sielen in die Hände roher Söldnerschaaren und
ihrer Anführer Phi lome los und Onomarchos, welche sie zum Theil an
feile Personen verschenkten. Die durch Ausprägung der geraubten Weihgeschenke
bewirkte Vermehrung des Geldes erzeugte Schlaffheit und Sittenverderb, und
der Untergang des Tempelschatzes, der als Depositenbank und Börse gedient, gab
den Handelsverhaltnissen und dem öffentlichen Eredit einen empfindlichen Stoß
und brachte alles Geld in die Hände von Wechslern und Wucherern.
Rasch dehnte nunmehr Philipp sein Reich weiter aus; Ambrakia
wurde eingenommen und durch eine makedonische Besatzung gesichert; die
griechischen Städte an der Meeresküste wurden vollends zur Unterwerfung
gebracht und die Einwohner zum Theil in das Innere des Landes verpflanzt,
indeß makedonische und barbarische Bevölkerung in die Sitze hellenischer Bil-
dung einzog; die thrakischen Fürsten wurden bezwungen und abhängig ge-
macht, und durch die Eroberung von Byzanz und Perinth (Herakleia)
wollte er sich den Weg an die Küstenländer des Hellespont und der Propon-
tis eröffnen. Aber dieses letztere Vorhaben wurde vereitelt. Der vaterländisch
gesinnte Redner Demosthenes bewirkte, daß die Athener sich der bedräng-
ten Städte annahmen und, von Rhodos, Chios und Mytilene unterstützt,
ihnen zur See so kräftigen Beistand leisteten, daß Philipp endlich von der
Belagerung abstehen mußte.
?») Die Redner. Isokrates. Demosthenes. Aeschrnes.
§, 109. Damals blühte in Athen die Redekunst (Rhetorik), zu deren
Ausbildung besonders Isokrates beitrug, theils durch Beispiel, indem er
Reden verfaßte, die durch Glatte der Form und Eleganz der Sprache als Muster
dienten, theils durch Belehrung und Anleitung, indem er in seiner zur Bildung
von Staatsmännern gegründeten Rednerschule auf das öffentliche Le-
den, die Staatsverwaltung und das Gerichtswesen als den passendsten