1. Bd. 1
- S. 229
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Das Römerreich.
229
eine Hufe von vier Iugern baute. Es war Sommerzeit; und der den sein Volk zu könig-
licher Gewalt erhob, trieb seinen Pflug unbekleidet bis aus einen Schurz: wie der Land-
mann in der Sommerzeit zu arbeiten gewohnt war. Der Bote ermahnte ihn die Befehle
des Senats und der Bürgerschaft bekleidet zu vernehmen: Racilia, die Hausfrau, reichte
ihm seine Toga. Am Gestade lag ein Nachen bereit: am andern Ufer empfingen ihn die
Vettern und alle Befreundete von den Geschlechtern, und drei Söhne: sein Lieblingssohn
war nicht bei ihnen, er war (von den Plebejern mit einer Anklage bedroht) vor dem Gericht
ins Elend gewichen.
Am Morgen, vor Tagesanbruch, war der Dictator auf dem Forum. Er ernannte
zum Obersten der Reisigen L. Tarquitius, so adelich, so mannhaft und so arm wie er
selbst; ließ alle Buden schließen, alle Fristen hemmen, jedermann zu den Fahnen schwören;
und verordnete, daß alle Waffenfähige gerüstet, mit Speise auf fünf Tage, und jeder mit
zwölf Schanzpfählen, bei Sonnenuntergang auf dem Felde vor der Stadt bereit stehen
sollte. Während die Ausziehenden, wenn sie die Pfähle gehauen, Wehr und Waffen nach-
gesehen hätten, rasteten, sollten die welche zurück blieben ihnen die Kost bereiten. Was be-
sohlen war, geschah; auf dem Marsch erinnerten die Befehlshaber die Legionen eingedenk
zu sein, daß die Landesleute seit drei Tagen umringt wären ; und aus freiem Trieb ermun-
terten sich Fahnenträger und Fußknechte den Schritt zu verdoppeln. Zur Mitternacht hat-
ten sie den Algidus erreicht, und die Nähe des feindlichen Lagers, welches das römische in
seiner Mitte einschloß: rund um jenes lies der Dictator den langen Zug der Seinigen vor-
wärts gehen bis ein Kreis die Aequer umringte: dann Halt machen und beginnen einen
Graben zu ziehen, und einen Wall aufzuwersen, aus dem die mitgebrachten Pfähle gepflanzt
wurden. Als sie ans Werk schritten, erhoben sie das römische Feldgeschrei: das verkün-
digte den Völkern des Consuls, die ersehnte Hülfe sei angelangt; und sie säumten nicht her-
auszufallen. Die Aequer schlugen mit ihnen die ganze Nacht bis zum ersten Tageslicht:
da erblickten sie die umzingelnde Schanze vollendet und unübersteiglich: und nun führte
Cincinnatus die Cohorten gegen das Lager dessen innere Rundung von Minucius bestürmt
ward. Ganz verzagt flehten sic, nicht alle zu vertilgen : der Dictator befahl, daß Gracchus
Clölius und seine Obersten in Ketten übergeben würden; der Menge schenkte er das Leben :
die Stadt Corbio, mit Allem was sich in ihr befand, war Preis der Verschonung. Sie
legten Wehr und Waffen vor dem Sieger nieder; nach der Sitte ward in der Linie, welche
sie gefangen hielt, eine Oeffnung gerissen, darin zwei Speere gepflanzt, ein dritter über-
zwerch in der Höhe gebunden; hier zogen sie hinaus. Das Lager, Rosse und Saumthiere,
alles Zeug und Gepäck, alle Habe der Mannschaft außer der Tunica die jeder trug, alles
blieb den Siegern. An der Beute wie am Triumph ward Minucius und den Seinigen kein
Antheil gestattet: sie murrten nicht: vielmehr begrüßten sie den Dictator, da er nach Rom
zurückkehrte als Patronus, und weihten ihm einen goldnen Kranz, ein Pfund schwer. Der
Triumph, der keine Mutter eine Thräne kostete, war ein Tag des Jubels: vor allen Häu-
sern von dem capenischen Thor bis an das Forum, standen Tische gedeckt: die Einziehenden
schwer mit Beute beladen, labten sich an dem Dargereichten, und die feiernden Bürger er-
hoben sich vom Festmahl, folgten dem Zug auf das Capitol, und stimmten in die lustigen
Soldatenlieder."
§. 149. 1. Ackergesetze. Der römische Staat war im Besitz großer
Ländereien, die Niemands Eigenthum waren, deren Nutznießung aber den
Patriziern gegen Entrichtung des Zehnten vom Ertrag an die Staatskasse
zustand. Dieses Gemeinland (ager publiais) betrachteten die Patrizier
als ihr Eigenthum, ließen es durch ihre Clienten und Sclaven bebauen und
sahen sich gegenseitig durch die Finger, wenn die bedungene Abgabe an die
Staatskasse nicht pünktlich geleistet wurde. Von Zeit zu Zeit verlangten nun