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1. Bd. 1 - S. 231

1854 - Leipzig : Engelmann
Das Römerreich. 231 Patrizier mit unumschränkter Gewalt (gesetzgebender, richterlicher und voll- ziehender) ausgerüstet und mit der Abfassung neuer (staats- und privatrecht- licher) Gesetze beauftragt werden sollten. Musterhaft vollzogen im Anfang die neuen Beamten, von der Zahl der Mitglieder Decemvirn (Zehner-452. aus schuß) genannt, das aufgetragene Geschäft; und ihre am Ende des ersten Jahres von der -Volksversammlung bestätigten Gesetze fanden solchen Beifall, daß man ohne Bedenken zur gänzlichen Vollendung des Werks auch für das zweite das Decemvirat bestehen ließ. Aber jetzt mißbrauchten die patrizischen Zehnmänner ihre unumschränktemacht zu Handlungen derwill- kür und Gewaltthat. Sie wütheten mit Kerker, Geldbuße, Bann und Hen- kerbeil gegen ihre dem Plebejerstand angehörenden Widersacher, ließen, als ein Krieg mit den Aeguern und Volskern ausbrach, durch einen Hinterhalt einen greisen, mit Narben bedeckten Plebejerhelden (Siccius Dentatus) er- morden, und führten, nachdem ihr zweites Jahr verflossen und die Abfassung der Zwölftafelgesehe vollendet war, eigenmächtig ihr Amt fort. Da brachte die lüsterne Frevelthat des Appius Claudius, eines ihrer einflußreichsten Mitglieder, die allgemeine Unzufriedenheit zum Ausbruch. Dieser trug näm- lich Verlangen nach der schönen Virginia, Tochter eines Plebejerführers und Braut eines andern. Um zu ihrem Besitz zu kommen, beredete er einen seiner Clienten, die Jungfrau für seine entlaufene Sclavin zu erklären und vor des Decemvirs Richterstuhl als Eigenthum anzusprechen. Vor einer großen Menschenmenge hörte Appius Claudius auf dem Forum die Klage an; kaum hatte aber sein Richterspruch die Virginia dem Kläger überant- wortet, als der Vater hinzueilte und ihr ein Messer ins Herz stieß, um sie vor der Entehrung zu retten. Jetzt besetzten die Plebejer den Aventinus und ver- langten drohend die Entfernung der Decemvirn und die Zurückführung der alten Ordnung. Beides geschah. Appius Claudius tödtete sich selbst im Kerker; sein College Oppius ward hingerichtet; die übrigen büßten ihre Fre- velthaten mit ewigem Exil. Die Zwölftafelgesetze blieben jedoch in Wirksamkeit und waren der erstenachhaltigeversuch, dieverschiedenenvolks- bestandtheile zu einem einzigen staatlichen Gemeinwesen auf rechtlichergrund- lage zu vereinigen. Die Zwölftafelgesetze, die aus einer Mischung fremder (griechischer) und ein- heimischer Rechtsbestimmungen hervorgingen, wurden die Grundlage des römi- schen Rechts, dessen Ausbildung zur Wissenschaft (Jurisprudenz) eins der Hauptverdienste der Römer ist, welche daneben nur noch die Kriegskunst zur höchsten Vollendung brachten, wahrend sie in allen übrigen Wissenschaften, sowie in Kunst und Poesie nur Nachahmer und Entlehner der Griechen waren. „Diese formelle rein äußerliche Seite des Lebens, die Rechtsbestimmungen und das M i li ta rw e sen, erhielten von den Römern, da ihre ganze Kraft und durch ihre ganze Geschichte hindurch sich darauf wandte, die schärfste Ausbildung." — klebri- gen s waren die Plebejer, welche freiwillig den rechtskundigen Patriziern das Ge- schäft der Gesetzesreform überlassen und sich von dem Decemvirat ausgeschlossen
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