1. Bd. 1
- S. 240
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Geschichte der alten Welt.
bei der einen ausrief: „Mit solchen Soldaten wäre die Welt mein", und bei
der zweiten: „Noch einen solchen Sieg und ich bin verloren". Der römische
Senat schien nach diesen Unfällen nicht abgeneigt, mit dem Gegner, der sich
der Siebenhügelstadt bis auf vier Meilen genähert, einen ungünstigen Frie-
den abzuschließen; aber der blinde Appius Claudius widerrieth dieses
Vorhaben und brachte die Versammlung zu der Antwort, daß erst nach sei-
nem Abzug aus Italien über einen Frieden unterhandelt werden konnte. Die
Weisheit und würdevolle Haltung des Senats (der dem Kineas, des
Pyrrhos' Gesandten, wie eineversammlung vonkönigen vorkam),
die Bürgertugend, Rechtschaffenheit und Einfachheit der römischen Heerfüh-
rer Fabricius und Curius Dentatus erregten nicht minder die Bewun-
derung des ritterlichen Königs, der bisher nur die entartete griechische Welt
kannte, als der Heldenmuth, die Tapferkeit und die Kriegskunst der Legionen.
*) In den schwierigen Verhältnissen, sagt Nieb uhr, unter denen Pyrrhos von Ju-
gend aus gestanden, „bildete er sich die Kunst aus, jeden, der sich ihm nahte, einzunehmen
und zu beherrschen. Durch solchen Zauber zog er fremde Völker an sich, und erwecktein
ihnen Verlangen, ihn zum Könige zu haben; aber sein ganzes Talent ging auf Einzelnes,
und nur Erwerben hatte Reiz für ihn: er war größer in Schlachten als in Feldzügen:
und wie er, mit dem Vertrauen seine Kunst und Gabe in jeder neuen Schlacht bewähren
zu können, die Vereitelung eines Unternehmens fast leichtsinnig verschmerzte; so verdroß
ihn jedes Bemühen gewonnene Anhänger sich zu erhalten, lieber ließ er sie wieder abfallen.
Es war die Sorglosigkeit des Bewußtseins seiner Kräfte. Diese im Ueben zu genießen war
sein einziges Ziel."
§. 161. Lust nach Abenteuern führte Pyrrhos nach Sicilien (§. 163),
wo er als Beschützer hellenischer Freiheit wider Karthago stritt. Aber sein
Plan sich der schönen Insel zu bemächtigen, scheiterte, und als er nach einem
dreijährigen Aufenthalte wieder nach Tarent zurückkehrte, erlitt er durch Cu-
275. rius Dentatus bei Ma leven tum (forthin Beneventum genannt) eine
solche Niederlage, daß er sich zum eiligen Abzüge genöthigt sah. In demselben
272. Jahr, wo Pyrrhos vor Argos siel, wurde Tarent den Römern zinspflichtig
und verlor seine Mauern, seine Flotte und einen Theil seiner Kunstschätze.
Die Unterwerfung der Lucaner, Apulier und Bruttier befestigte in
den nächsten Jahren Roms Herrschaft über Unteritalien. Die Eroberung
von Rh egium, das eine meuterische Legion aus Campanien, nach Ermor-
dung der männlichen Bevölkerung, zehn Jahre lang im Besitz gehalten,
machte den Schluß. Von dem an war die Blüthe, die Macht und der Wohl-
stand der griechischen Staaten jener Gegend, die in diesem Kriege hart mit-
genommen wurden, für immer dahin. Die besiegten Völkerschaften mußten
theils als Bundesgenossen, theils als Unterthanen Roms Ober-
hoheit anerkennen, und die entvölkerten Städte wurden durch Einbürgerung
römischer Colonisten, denen die übrigen Bewohner untergeordnet waren,
fester an Rom geknüpft. Sie verloren das Recht der eigenmächtigen Krieg-
führung und freier Verträge mit dem Auslande und die erbeuteten Schiffe