1. Bd. 1
- S. 315
1854 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulanstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Das Römerreich.
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verzehrten die Einkünfte des Staats und führten die ärgsten Erpressungen herbei.
Von Künstlerlaune getrieben durchzog er mit unsinnigen Festaufzügen die
Provinzen, ließ sich von den entarteten und schmeichlerischen Griechen mit
Siegeskränzen beschenken und nöthigte die Söhne der ersten Familien Roms
sich durch niedrige Gaukelspiele der öffentlichen Verachtung preiszugeben. In
frevelhaftem Uebermuth ließ der Despot Rom anzünden, um von den Zinnen
seines Palastes herab den Brand von Troja zu besingen, und schob dann, um
den Volkshaß von sich abzulenken, die Schuld auf die Christen*), die da-
für durch Schwert, Scheiterhaufen und Kreuz büßen mußten. Der verschö-
nerte Aufbau der Stadt und „Nero's goldenes Haus" auf dem Palatin ver-
mehrten den Druck, bis endlich die gehäuften Missethaten die spanischen und
gallischen Legionen zum Aufruhr führten. Als diese sich unter Serv. Sulpi-
tius Galba der Hauptstadt näherten, floh Nero auf ein Landhaus und ließ
sich (unter dem Ruf der Selbstbewunderung, „welch' großerdichter der Welt
in ihm verloren gehe!") zitternd von einem Freigelassenen durchbohren. Ju-
lius Bin d ex, der zuerst in Gallien die Fahne der Empörung aufgepflanzt
hatte, erlebte den Untergang seines Todfeindes nicht mehr. Die Niederlage
seines Heers in einem unglücklichen aus Mißverständniß herbeigeführten Treffen
mit den Legionen des Oberrheins trieb ihn zum Selbstmord.
*) Damals wurden die Christen noch für eine jüdische Sekte gehalten und beide wegen
ihrer religiösen Abgeschlossenheit und der ängstlichen Scheu, womit sie jede Bctheiligung
an dem heidnischen Cultus mieden, von den Römern gehaßt und verachtet. Bei der ersten
Christen Verfolgung sollen die Apostel Petrus und Paulus ihren Tod gesunden haben.
§. 219. In Nero erlosch das Augusteische Haus. Galba wurde sein Galba.
Nachfolger und eröffnete die Reihe der durch Militärgewalt erhobenen Herr- Vnulius
scher. Als aber der strenge, geizige Greis die Habsucht der Prätorianer nicht 68~'0'
befriedigte, riefen diese Otho zum Imperator aus und ermordeten Galba und
den von ihm ernannten Nachfolger und Mitregenten Pi so, einen jungen un-
bescholtenen Mann von vornehmer Herkunft, auf dessen Stelle sich der tief-
verschuldete Otho vergeblich Hoffnung gemacht hatte. Gleichzeitig erhob sich
jedoch am Rhein Vitellins, zog mit seinen Legionen nach Italien und besiegte
am Po (bei Bedriacum) die Heere seines Gegners. Otho, früher ein Lust-
genosse Nero's, beurkundete nach feiner Erhebung eine edle Gesinnung und
sühnte, um ferneres Blutvergießen zu verhüten, durch einen selbstgewählten
Tod ein sündhaftes Leben. Viele seiner Getreuen ahmten sein Beispiel nach.
Vitellius war ein roher Schlemmer von gemeiner Denkart, der die kurze
Zeit seiner Regierung zu den schwelgerischsten Mahlzeiten und gewaltsamsten
Gelderpressungen benutzte. Ergrimmt über den unwürdigen Herrscher riefen
die syrischen und ägyptischen Legionen ihren tapfern Feldherrn Fla-
vius Vespasianus zum Kaiser aus. Bald traten auch die Truppen in
Dalmatien und Pannonien bei und schlugen, in Oberitalien einrückend,
die feindlichen Heere unweit Cremona, wobei diese schöne Stadt ihre